Streit ums Mainstreaming: Sind leuchtende Laternen und Kita-Nähe gendergerecht?
Dresden - Ist ein Stadtteil "gendergerecht", weil nachts Straßenlaternen leuchten, Kindergarten und Schule fußläufig sind? Das bejaht die Stadtverwaltung. Sie beharrt darauf, Bauprojekte auf "Gender-Mainstreaming" prüfen zu müssen. So wie jüngst im idyllischen Naußlitz.
Auf Anfrage verweist das Rathaus auf die im Baugesetzbuch festgelegten Regeln für Bauleitplanverfahren.
"Diesem Prozess ist es immanent, dass auch Belange des Gender-Mainstreaming, das heißt der Geschlechtergerechtigkeit, betrachtet und in die Abwägung eingestellt werden können", erklärt das Stadtplanungsamt unter Baubürgermeister Stephan Kühn (45, Grüne).
Warum aber müssen fußläufige Kitas und Straßenlaternen unter der Überschrift "Gender-Mainstreaming" firmieren?
Sollten sie keine Selbstverständlichkeit sein? Ist es nicht Bürokratie pur, neuen Wohnraum explizit auf Gender-Fragen zu analysieren?
Skepsis in der Stadtpolitik bleibt
Die Stadt jedenfalls hält daran fest. Die Nähe zu Bildungseinrichtungen, Nahverkehr und ausreichend Straßenlaternen sei "bei der formellen Betrachtung der oben beschriebenen Belange auch dem Gender-Mainstreaming-Gedanken zuzurechnen". Deshalb werde sie "auch unter dieser Überschrift aufgeführt".
Skepsis bleibt in Teilen der Stadtpolitik, darunter CDU-Bausprecherin Bettina Kempe-Gebert (60): "Unterschiedliche Interessen und Nutzerbedürfnisse sind bereits in Gesetzen und Vorgaben umfangreich geregelt. Insofern wird keine weitere Prüfung nach Gender-Mainstreaming benötigt."
Ebenso sieht es Torsten Nitzsche (50, Freie Wähler) aus dem Stadtbezirksbeirat Cotta. Er kennt das von der Verwaltung jüngst als "gendergerecht" bewertete Grundstück in Naußlitz.
Seine Meinung: "Diese Prüfung schafft nicht mehr Gleichberechtigung, sondern ist eine reine Selbstbeschäftigung der Verwaltung. Sie sollte abgeschafft werden."
Titelfoto: Bildmontag: Holm Helis,Eric Münch