Soko-Experten üben Ernstfall mit Dresdner Schülern: "Lassen Sie mich in Ruhe!"
Dresden - Schüler als Opfer, Schüler als Täter: 121 Strafverfahren liegen derzeit auf dem Tisch der auf Minderjährige spezialisierten Soko Iuventus. Es gibt 187 Tatverdächtige, sieben haben mittlerweile ihr Urteil kassiert. Doch damit die Schüler gar nicht erst zu Opfern werden, schickt die Dresdner Polizei jetzt ihr Präventionsteam in die Klassenzimmer.
"Mehr als 20 Schulen haben wir auf dem Plan", sagt Hauptkommissar Andreas Zucker (45). "In acht waren wir schon."
Im Visier der Beamten: die fünften und sechsten Klassen, denn Täter und Opfer sind meist nur wenig älter. Neben Übungen zu gewaltlosen Konfliktlösungen wird deshalb im Gymnasium Klotzsche auch der Ernstfall trainiert - ein Überfall im Bus!
Zwei Schüler und eine Klassenkameradin der 5D nehmen in der ersten Reihe Platz, Clara (10) in der letzten.
Den Bösewicht spielt Kommissar Zucker. "Stellt Euch bitte vor, ich wäre 18 und hätte keine Uniform an", sagt er und geht durch die Stuhlreihen, den Blick von einem Schüler zum anderen wandernd - und dann zielstrebig in die letzte Reihe neben Clara.
Dort bedroht er sie leise, nimmt ihr das Handy weg und zieht auch ein Messer.
"Ich habe so etwas noch nicht erlebt", sagt eine Schülerin
Clara schreit zwar "Stopp!" und "Lassen Sie mich in Ruhe!", doch in den ersten Reihen greift niemand ein. "Immer Leute konkret um Hilfe ansprechen", rät Hauptkommissarin Kirstin Ilga (44).
Beim zweiten Versuch helfen die Mitschüler zwar, kommen aber zu nah an den Täter: gefährlich, lieber einen Erwachsenen hinzuziehen, die Polizei rufen und immer auf Abstand achten.
"Ich habe so etwas noch nicht erlebt", sagt Clara nach der Übung. "Ich hatte da schon ziemlich Angst. Wir hatten in der vierten Klasse schon mal so ein Training, aber nicht so konkret."
Auch Emely (11), die später das Opfer spielt, lernt noch etwas: "Wir sind das mit meinen Eltern auch schon durchgegangen, weil da in Prohlis etwas passiert war."
"Aber ich wusste bislang nicht, dass man sich lieber nicht allein ganz hinten in den Bus setzt, sondern lieber vorn bleibt", so Emely weiter.
Titelfoto: Montage: Norbert Neumann (2)