Dresden - Das jüdische Leben in Dresden geht zurück bis zum Anfang der Stadtgeschichte im 13. Jahrhundert. Davon zeugt auch ein seltener Fund im Stadtarchiv. Dort entdeckte ein Mitarbeiter jetzt das laut Rathaus älteste jüdische Relikt der Stadt: ein hebräisches Handschriftenfragment aus dem 13. Jahrhundert, das letztlich durch Recycling bis heute erhalten blieb.
Für Archivleiter Thomas Kübler (59) ist es "der Sensationsfund des Jahres".
Das Pergament erzählt vom Auszug des Volkes Israel aus Ägypten, bezieht sich auf das alttestamentliche Buch "Exodus", zählt zu den gemeinsamen Urtexten der jüdischen und der christlichen Religion.
Das Original hatte der jüdische Gelehrte Menahem Ben Shlomo 1139 im hochmittelalterlichen Rom als Kommentar verfasst.
Das Fragment, das jetzt in Dresden gefunden wurde, ist Teil einer Abschrift (weltweit nur wenige vorhanden), die im 13. Jahrhundert gefertigt wurde und dann nach Dresden kam.
Klar ist: Um 1620 wurde das Pergament buchbinderisch recycelt.
Denn es bestand aus hochwertigem Tierleder (Ziege oder Schaf), konnte damit gut als Einband für städtische Gerichtsprotokolle genutzt werden.
Fund soll in seiner Gesamtheit im Dresdner Stadtarchiv verbleiben
Das fiel nun bei einer wissenschaftlichen Untersuchung der Archiv-Bestände auf. "Wir untersuchten etwa 70 Einbände, die meisten waren lateinisch verfasst. Es war das Einzige auf Hebräisch", sagt Historiker Stefan Dornheim (44), der das Relikt entdeckte.
Mithilfe weiterer Forscher konnte die Geschichte rekonstruiert werden.
Ob das Stück im Kontext von Vertreibungen an einen Buchbinder gelangte, gehandelt wurde oder bis zur Reformation im Bestand einer klösterlichen Bibliothek in der Stadt überdauerte, ist bislang offen.
Dresden wurde 1206 erstmals urkundlich erwähnt, um 1265 lebten bereits Juden in der Stadt.
Der besondere Fund soll in seiner historischen Gesamtheit erhalten bleiben, im Stadtarchiv verbleiben, später auch ausgestellt werden.