Oh, es riecht gut: Kampf ums Stollensiegel in Dresden
Dresden - Gipfeltreffen zweier Dresdner Originale auf dem Weißen Hirsch: Der Schutzverband Dresdner Stollen veranstaltete am Dienstag eine Stollenprüfung in der Bergstation der Standseilbahn. Höchste Handwerkskunst traf da auf ehrwürdige Technik - Genuss mit Siegel auf Denkmalschutz.
Alle Jahre wieder müssen sich die rund 100 Bäckereien und Konditoreien aus Dresden und Umgebung, die echten Dresdner Christstollen mit goldenem Qualitäts-Siegel verkaufen möchten, einer Stollenprüfung unterziehen. Wer glaubt, so ein Striezel-TÜV ist eine süße Show, hat sich geschnitten.
Die Prüfer bewerten das "anonyme" Gebäck streng nach vier Kriterien: äußere und innere Beschaffenheit, Geruch und Geschmack. Maximal 20 Punkte werden vergeben.
"Es bestehen nur Stollen, die mindestens 16 Punkte erreicht haben. Dass Striezel durchfallen, kommt aber höchst, höchst selten vor", berichtet Bäckermeister Ralf Ullrich (44) für den Schutzverband.
Den Prüfungsprozess optimiert der Schutzverband beständig. Seit 2020 läuft er digitalisiert ab. Die Ausbildung der Prüfer bekam jüngst eine wissenschaftliche Basis.
Lebensmittelchemiker lobt in höchsten Tönen
Der Lebensmittelchemiker Prof. Thomas Simat (60) von der TU Dresden hat mit der Akademie für Deutsches Bäckerhandwerk eine Sensorik-Schulung für die Stollenprüfer entwickelt. Das Programm schärft die (Geschmacks)Sinne der Tester und sensibilisiert sie für Aromen.
Dazu muss man unbedingt wissen: Die Zutatenliste für einen echten Dresdner Christstollen ist nicht verhandelbar, sondern in der Satzung des Schutzverbandes festgeschrieben. Die Verwendung von Margarine, künstlichen Aromen oder Konservierungsstoffen sind tabu.
Simat lobt in höchsten Tönen: "Mit welcher Leidenschaft und fachlichen Expertise die Handwerker hier arbeiten, ist beeindruckend. Der Dresdner Christstollen ist für die hiesigen Stollenbäcker definitiv kein Produkt wie jedes andere."
Titelfoto: Eric Münch