Nicht nur für Touristen ein drückendes Problem: Wo bleibt Dresdens Klo-Konzept?
Von Hermann Tydecks und Jakob Anders
Dresden - Dresdens Not mit der Notdurft! Ausgerechnet zur besten Urlaubszeit ist die öffentliche Toilette am Touristen-Busparkplatz unter der Carolabrücke dicht. Außerdem bummelt das Rathaus auch beim Erstellen eines neuen Klo-Konzepts. Dabei gibt's drückende Probleme ...
Sie kennt die Metropolen in Europa, doch so einen Zustand an einem zentralen Gäste-Sammelpunkt hat Reiseleiterin Kerstin Unger-Turek (61) noch nicht erlebt.
"Seit etwa neun Wochen ist das Toilettenhaus unter der Carolabrücke geschlossen. Dabei kommen hier an manchen Tagen Tausend Touristen an", ärgert sich die Vorständin vom Club Dresdner Gästeführer.
"Das Erste, was viele Leute nach der langen Busfahrt machen wollen, ist, auf Toilette zu gehen. Ich muss dann meine Führung entsprechend umplanen und erst mal eine nutzbare Toilette suchen."
Auch für CDU-Stadtrat Mario Schmidt (48) ein Unding: "Gerade in der Reise-Saison muss es dort eine funktionierende Toilette geben."
Mit auf sein Bestreben geht ein Antrag im Stadtrat vom Dezember zurück, wonach die Verwaltung ein neues Toilettenkonzept erstellen sollte. "An Orten wie etwa dem Wasaplatz oder Albert-Wolf-Platz wäre eine öffentliche Toilette dringend notwendig. Aber die Stadt lässt uns weiter warten."
Ein fehlender Plan für die stillen Örtchen
Dabei hatte Baubürgermeister Stephan Kühn (43, Grüne) im April mitgeteilt, die Vorlage fürs Konzept werde noch im zweiten Quartal (geht bis Juni) erfolgen.
Doch Fehlanzeige! Nach der Sommerpause werde dem Stadtrat ein Standortkonzept für den Ersatz oder Neubau öffentlich nutzbarer Toiletten vorgestellt, so eine Rathaus-Sprecherin.
Derzeit gebe es 85 Standorte (wie vergangenes Jahr), wobei das Rathaus nutzbare WCs in öffentlichen Gebäuden sowie privat betriebene in Einkaufszentren und Bahnhöfen mitzählt.
Und: Bei der Anlage unter der Carolabrücke werde nach vielfachen Einbrüchen bis Ende der Woche von Münzwurf (0,50 Cent) auf Normalschloss (ohne Bezahlung) umgestellt.
Kommentar von Hermann Tydecks: Die Not mit der Notdurft
Dresdens öffentliche WC-Anlagen sind mancherorts eine Zumutung, vor allem Toiletten-Säulen oder auch die Behinderten-WCs an Touristen-Hotspots wie Pirnaischen Platz oder Postplatz erinnern eher an Grusel-Kabinen, so beschreiben es sogar Gästeführer.
Wobei man sich in der Stadt quasi schon freuen muss, wenn man überhaupt auf ein stilles Örtchen kommt. So finden sich an manchen Orten trotz jahrelanger Hilferufe aus den Stadtbezirksbeiräten noch immer keine öffentlich nutzbaren Klos.
Auch sind sie schwer zu finden. Da wundert es nicht wirklich, dass sich sogar in den Büschen direkt vorm Rathaus regelmäßig Menschen erleichtern - anstatt einfach das WC im Rathaus kostenfrei zu nutzen.
Und das in einer Stadt, die sich selbst als Touristen-Hochburg begreift. Wer kann, "rettet" sich in öffentliche Gebäuden wie Kulturpalast oder private Einkaufszentren - da kann nicht viel danebengehen.
Und man muss sich nicht erst "trauen", hineinzugehen, wie etwa bei den Partner-Lokalen der Stadt in der Neustadt, die ihre "Netten Toiletten" zur Nutzung anbieten.
Immerhin sollen nach vorläufigem Planungsstand einige Löcher im Stadtbild gestopft werden, dann hoffentlich auch mit modernen Anlagen, die nicht mehr den Eindruck mittelalterlicher Aborte vermitteln.
Titelfoto: Eric Münch