Nach Schock-Kahlschlag: Heimliche Pflanzaktion im abgeholzten Privatwäldchen

Dresden - Vor gut drei Jahren sorgte eine Fäll-Aktion in der Albertstadt für Aufregung: So wurde auf einem nicht eingezäunten Privatgrundstück zwischen Stauffenbergallee und Holunderweg ein kleines Wäldchen abgeholzt, das jahrelang Anwohnern und Tierwelt als Erholungsraum gedient hatte. Nun pflanzten Umweltfreunde "heimlich" neue Bäume ein.

Als die Kettensägen kreisten: So sah das Wäldchen am Holunderweg in der Albertstadt im Januar 2022 aus.
Als die Kettensägen kreisten: So sah das Wäldchen am Holunderweg in der Albertstadt im Januar 2022 aus.  © Petra Hornig

Rückblick: Rund 200 Bäume (Eichen, Buchen, Robinien), teils bis zu 100 Jahre alt, hatte der Grundstückseigentümer, ein Dresdner Immobilien-Unternehmen, im Januar 2022 fällen lassen.

"Wir waren geschockt. Für Spaziergänger war es ein kleines Biotop, Kinder spielten hier gerne, in den Bäumen lebten Uhus, Schwarzspechte, auch Fledermäuse", erinnerte sich eine Anwohnerin.

Während Anwohner und Lokalpolitiker ein nahendes Bauprojekt befürchteten, was auf der Grünfläche allerdings nicht so einfach machbar ist, begründete die Firma das Kreisen der Kettensägen mit Verkehrssicherungspflichten, auch wegen kranker Bäume.

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Verboten war das auf dem 1,2 Hektar großen Areal nicht. Anders als bei einer Rodung blieben Baumstümpfe übrig, sollten neu austreiben (Stockausschlag).

Von dem einstigen Wäldchen, durch das auch Wege führten, ist nach der Fällung von rund 200 Bäumen nur wildes Buschland geblieben.
Von dem einstigen Wäldchen, durch das auch Wege führten, ist nach der Fällung von rund 200 Bäumen nur wildes Buschland geblieben.  © Thomas Türpe

Politiker nehmen Aufforstung in eigene Hände

Grüne forsten auf: Der Landtagsabgeordnete Thomas Löser (53, r.) und sein Parteikollege und Stadtrat Torsten Schulze (55) pflanzten am Freitag drei Stieleichen ein.
Grüne forsten auf: Der Landtagsabgeordnete Thomas Löser (53, r.) und sein Parteikollege und Stadtrat Torsten Schulze (55) pflanzten am Freitag drei Stieleichen ein.  © Thomas Türpe

"Eichen wachsen nicht einfach so wieder hoch, der Ahorn vergammelt", ärgerte sich der Landtagsabgeordnete Thomas Löser (53, Grüne). Stattdessen gebe es heute wilden Sträucher-Bewuchs, auch mit invasiven Götterbäumen.

Junge Robinien wachsen mit Dornen am Wegrand, was für Kinder und Hunde bedrohlich ist. "Es wächst zwar wieder was, aber eben kein Wäldchen. Ein großer Unterschied", sagte Löser.

Parteikollege und Stadtrat Torsten Schulze (55) betonte, wie wichtig das wohnortnahe Erholungsareal zwischen zwei Naturschutzgebieten in Zeiten des Klimawandels ist. Sein Versuch, das Rathaus zum Kauf des Areals zu verpflichten, war trotz entsprechender Petition (1903 Unterschriften) vor zwei Jahren allerdings hauchdünn im Rat gescheitert.

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Nun nahmen die beiden Politiker die Aufforstung in die eigenen Hände, um das "Erholungswäldchen für alle Menschen wieder nutzbar zu machen". Unterstützt von rund einem Dutzend Anwohnern pflanzten sie am gestrigen Tag des Baumes drei Stieleichen ein.

Streng genommen kann das als Sachbeschädigung ausgelegt werden. "Für mich ist das Sachbeschönigung", so Löser. Eine TAG24-Anfrage an die Immobilienfirma blieb zunächst unbeantwortet

Kein Idyll für Kinder und Hunde mehr: Heute wuchern kreuz und quer Robinien mit bedrohlichen Dornen.
Kein Idyll für Kinder und Hunde mehr: Heute wuchern kreuz und quer Robinien mit bedrohlichen Dornen.  © Thomas Türpe

Rot-Eiche trotzt der Trockenheit

Diese Rot-Eiche an der Kipsdorfer Straße ist ein Naturdenkmal.
Diese Rot-Eiche an der Kipsdorfer Straße ist ein Naturdenkmal.  © Steffen Füssel

Die Rot-Eiche ist der Baum des Jahres und bewährt sich auch in Dresden. Laut Umweltamt gibt es 909 solcher Straßenbäume.

Um 1900 hatte man die aus Nordamerika stammende Baumart demnach an Straßenzügen gepflanzt, da sie schnell wächst. Mit Hitze und Trockenheit kommt sie gut klar.

Von 20 Rot-Eichen an der Kipsdorfer Straße (Tolkewitz) sind zehn als Naturdenkmale erfasst, teils über 100 Jahre alt. Etwa 300 ältere Exemplare stehen in Privatgärten.

"Besonders gut ist, dass der Eichenprozessionsspinner die Bäume nicht auf seiner Liste hat", sagt ein Stadtsprecher. Manche Anwohner ärgern sich allerdings über die Blätter des Baumes, da diese nur langsam verrotten.

Titelfoto: Montage: Petra Hornig, Thomas Türpe

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