Nach Absage vom Elbhangfest: Anwohner nehmen die Fete selbst in die Hand

Dresden - Am kommenden Wochenende sollte das Elbhangfest stattfinden. Mangels Kartenvorverkauf und Finanz-Risiko wurde es offiziell vom Verein Elbhangfest abgesagt. Nun nehmen die Anwohner das Fest selbst in die Hand, öffnen ihre Gärten und organisieren entlang des Elbhangs über 120 Mini-Feste - das "Ersatzprogramm" kann sich sehen und hören lassen!

Freuen sich am Erdbeerfeld auf Gäste: Koch Kai Kochan (55), Obstbauer Robert Rüdiger (39) und Gastro-Profi Don Stephano (49, v.l.).
Freuen sich am Erdbeerfeld auf Gäste: Koch Kai Kochan (55), Obstbauer Robert Rüdiger (39) und Gastro-Profi Don Stephano (49, v.l.).  © Holm Helis

In Loschwitz geht's los: Impresario Tom Roeder rockt mit seinem Party-Mobil "Roseninsel" das Areal an der Senfbüchse. Im "ElbeGarten" spielen "Die Nierentische" zum Tanz (Sa, 19 Uhr).

"Eine Tombola, bei der 400 Gummi-Enten mit Nummern in einem Bassin schwimmen, wird vor allem Kinder begeistern", hofft ElbeGarten-Wirt Andreas Wünsche (58). 250 Preise locken.

Gleich ums Eck in der Alten Feuerwache werden Turmbesichtigungen (So 10-19 Uhr) mit Falkenbeobachtung angeboten. Im "Bräustübel" am Körnerplatz sind Märchen zu erleben.

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Alle drei Kirchen entlang der alten Festmeile (Loschwitzer Kirche, Weinbergkirche, Maria am Wasser) warten mit Musik, Theater und Festgottesdiensten auf.

Die Weinbergkirche lädt zum 300. Geburtstag der Grundsteinlegung zum Festkonzert (Sa 15 Uhr). Eine musikalische Kaffee-Festtafel (Sa 13.30-18 Uhr) deckt das Pfarrhaus der Schifferkirche.

Peggy Weinhold (43) und Andreas Wünsche (58) präsentieren einige Gewinne und die Gummi-Enten der Tombola.
Peggy Weinhold (43) und Andreas Wünsche (58) präsentieren einige Gewinne und die Gummi-Enten der Tombola.  © Holm Helis
Die Weinbergkirche lädt schon am Freitag (19 Uhr) zu Folk und Chansons ein.
Die Weinbergkirche lädt schon am Freitag (19 Uhr) zu Folk und Chansons ein.  © Eric Münch

Künstler betont: "Es ist doch wichtig, das Fest am Leben zu erhalten."

Tom Roeder (56) klappt seine Party-Bühne "Roseninsel" an der "Senfbüchse" auseinander.
Tom Roeder (56) klappt seine Party-Bühne "Roseninsel" an der "Senfbüchse" auseinander.  © Norbert Neumann

Entlang der Pillnitzer Landstraße öffnen viele Gärten ihre Türen - Prosecco, Schaschlik, Lesungen und Musik serviert etwa der "Sonnengarten" der Hausnummer 143, in der 123 (Café Cantiere) wird Hexe Helga vom Birkenreisig erwartet (Sa 14.30 Uhr).

Im Künstlerhaus (Nr. 59) baut Puppenspieler Jörg Bretschneider (64) seine Bühne auf (Fr/Sa 20 Uhr): "Es ist doch wichtig, das Fest am Leben zu erhalten. Dafür spiele ich auch in den Hut."

Im Veilchenweg 9 erklingt Kammermusik (Fr 17 Uhr), die Villa Wollner (Am Steinberg 14) setzt auf Rock, Pop und Jazz. Kurz vor Pillnitz lädt Obstbauer Robert Rüdiger (39) zum "Tanz am Erdbeerfeld" ein.

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"Wir grillen, vielleicht kommen ein paar Musiker vorbei. Es gibt Erdbeerbowle, Sackhüpfen und Eierlaufen", so Rüdiger. Das Carl-Maria-von-Weber-Museum widmet sich klassischer Musik, das Schillerhäuschen der Literatur.

Das gesamte Programm ist auf der Internetseite (elbhangfest.de) des Elbhangfest-Vereins aufgelistet. Dessen Geschäftsführer Jörg Ullrich (43) freut sich über das Engagement.

"Das ist ganz toll. Gleichwohl geht der Verein am Freitag in Klausur, um zu beraten, wie wir 2024 eine Finanzierung des Elbhangfestes hinbekommen. Denn Attraktionen wie das Weindorf in Pillnitz, Straßensperrungen und Toilettenversorgung kosten nun einmal Geld."

Kommentar von Katrin Koch: "Nummer kleiner"

Dieser Hochrad-Akteur radelte 2019 noch übers vom Verein organisierte Elbhangfest.
Dieser Hochrad-Akteur radelte 2019 noch übers vom Verein organisierte Elbhangfest.  © Petra Hornig

Absage mit großer Wirkung. Der Elbhangfest-Verein kann sein traditionsreiches Fest zwischen Loschwitz und Pillnitz in diesem Jahr nicht ausrichten. Doch es fällt nicht etwa - wie befürchtet - ins Wasser.

Ganz im Gegenteil. Anwohner und Unterstützer krempeln selbst die Ärmel hoch. Stellen kulturelle wie auch kulinarische Angebote auf die Beine. Servieren, was ihnen gefällt und was gewünscht wird.

Sie öffnen wie beim ursprünglichen Elbhangfest ihre Gärten und Grundstücke. Musik, Theater, Kuchen - alles ist handgemacht. Keine kommerziellen Bratwurst- und Schmuckstände, die von Stadtfest zu Stadtfest ziehen. Keine Straßensperrungen. Kein Eintritt. Kein teurer Festumzug. Kein Sicherheitskonzept.

Vielleicht ist es genau dieses Nachbarschafts-Feeling, das die Dresdner erleben wollen. Vielleicht ist es das Signal für den Elbhangfest-Verein, das Konzept des Festes zu überdenken, aufzufrischen, zu den Wurzeln zurückzukehren. Vielleicht ist es Anlass, sich von teuren Inhalten zu trennen.

Muss es eine kilometerlange Meile bis Pillnitz sein? Könnte ein kleines Fest nicht abwechselnd in Wachwitz, Pillnitz oder Loschwitz stattfinden?

Der Elbhangfest-Verein wird beweisen müssen, dass es mit ihm auch eine Nummer kleiner und kostengünstiger geht. Sonst läuft er Gefahr, sich selbst abzuschaffen ...

Titelfoto: Bildmontage: Eric Münch, Holm Helis, Norbert Neumann

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