Mehr als 60 Dresdner Veranstalter lassen heute ihre Häuser "erröten"
Dresden - Alarmstufe Rot - der Veranstaltungsbranche geht der Atem aus.
Seit 100 Tagen finden keine großen Feste, Konzerte oder Festivals mehr statt. Gerade wurde das Veranstaltungsverbot bis 31. Oktober von der Bundesregierung verlängert.
"100 weitere Tage überstehen wir nicht", ist die Botschaft der deutschlandweiten Aktion "Night of Light" - auch in Dresden.
Bundesweit mehr als 5000 rot angestrahlte Gebäude signalisieren heute (22-1 Uhr) die prekäre Lage der Branche.
Weit über 50 Fassaden werden in Dresden erröten, mehr als 60 Firmen haben sich der Aktion angeschlossen.
Fünf Firmenchefs erklären hier, warum.
Sam Production
Seit 24 Jahren erfolgreich in der Branche: Kay Aubrecht (47), Geschäftsführer von Sam Production (19 Mitarbeiter). 2019 betreute das Unternehmen 372 Veranstaltungen mit seiner Technik - vom Skiweltcup bis zum Adventskonzert des Kreuzchores.
Mehr als 21.000 Beamer, Scheinwerfer, LED-Großbildwände, Lautsprecher, Kameras und Co. hat die Firma im Verleih. Doch jetzt liegt die Technik brach. "Von März bis Oktober wurden uns 183 Veranstaltungen abgesagt. Außer den Azubis sind alle in Kurzarbeit", so Aubrecht.
Stöver Veranstaltungsservice
"Wir brauchen einheitliche Richtlinien und eine Perspektive. Nur so können wir Projekte entwickeln", fordert Heiko Stöver (51), Chef des Stöver Veranstaltungsservice.
Dieser rüstet Veranstaltungen mit Technik aus, bestuhlt so glamouröse Events wie den SemperOpernball. "Doch unsere Aufträge sind zu 95 Prozent weggebrochen. Es ist das schwierigste Jahr in unserer 30-jährigen Firmengeschichte."
Lichtdesigner Meier
Rico Meier (44) ist seit 2004 selbstständiger Lichtdesigner - und verzweifelt: "Mein Terminbuch für das Jahr 2020 ist leer." Dabei hat er Referenzen vom Canaletto-Markt in Pirna bis hin zur Illumination einer Wüstendüne in Dubai vorzuweisen.
"Ich habe zwar für drei Monate 9000 Euro Soforthilfe bekommen, darf aber nur rund 1500 Euro für Büromiete, Telefon und Versicherung verwenden. Meinen Lebensunterhalt darf ich davon nicht bestreiten."
Veranstalter Mirco Meinel
250 Veranstaltungen pro Jahr, von der Hochzeitsfeier für 50 Personen bis zu Großveranstaltungen mit 6 000 Besuchern, richtet Mirco Meinel (48) mit seinem vor 18 Jahren gegründeten Unternehmen aus.
Jetzt sind seine 15 Mitarbeiter komplett oder in Teil-Kurzarbeit, bis Oktober sind 47 Veranstaltungen abgesagt, darunter die Schlössernacht. "Wir hoffen auf unsere Dinnershows in der Vorweihnachtszeit, passen sie an Hygieneanforderungen an“, so Meinel.
Megatec
Ähnlich denkt Janek Heidloß (38) vom Familienunternehmen Megatec, das 2021 seinen 30. Geburtstag feiern will. Ton, Licht, Bühne sind die Kernkompetenzen von Megatec, dessen Umsätze zu 95 Prozent eingebrochen sind.
"Das Karl-May-Fest ist ausgefallen, die Stadtfest-Hauptbühne auf dem Theaterplatz wackelt. Wir hoffen auf den Weihnachts-Circus."
Hoflößnitz schenkt roten Schieler aus
Die Hoflößnitz ist als Erlebnisweingut von Corona hart getroffen. Das Museum war geschlossen. Konzerte, Familienfeiern und Winzerfeste wurden abgesagt. Deshalb solidarisieren sich das Radebeuler Weingut und seine Veranstaltungsagentur Bayer Events mit der "Night of Light".
Hoßlößnitz wird nicht nur rot angestrahlt, sie schenkt auch rot aus: "Wir öffnen extra ab 18 Uhr. Ich stelle mich selbst an den Tresen und schenke unseren erdbeerroten Schieler und den Rosé-Sekt Sibylle aus", verspricht Weinguts-Chef Jörg Hahn.
"Unsere Gäste sollen die Aktion hautnah miterleben können."
Titelfoto: Eric Münch