Jedes Wochenende wieder: Stauffenbergallee wird zum größten Freiluft-Klo der Stadt
Dresden - Wer am Wochenende die Stauffenbergallee passiert, staunt immer wieder. Hunderte Laster parken dort auf beiden Straßenseiten. Die zumeist ausländischen Brummifahrer verbringen hier das Wochenende, warten darauf, dass das Zollamt wieder öffnet.
Anrüchiger Nebeneffekt: Die Grünanlagen am Rande werden somit immer am Wochenende zum größten Freiluft-Klo der Stadt ...
Der Reiterberg markiert die Einfahrt zum Zollamt. Die ersten Sattelschlepper aus dem Ausland sind immer hier geparkt. Die letzten stehen über einen Kilometer weiter am Hammerweg. Doch nirgendwo sind Dixi-Klos zu sehen.
Hier und da sitzen Fahrer vor ihren Sattelschleppern beieinander, verbringen die zweitägige Wartezeit. "Wir machen immer Naturtoiletta", gibt ein bulgarischer Fahrer unumwunden zu, zeigt auf den Busch nebenan und lacht.
Dabei ist die sanitäre Situation entlang der Strecke alles andere als witzig. Seit Jahren beschweren sich Anwohner über Dreck und Gestank. Seit Jahren schafft es die Stadt nicht, für Besserung zu sorgen.
Noch weniger Platz für Lkw-Fahrer
"Wir haben hier die gewöhnlichen Diensttoiletten im Gebäude. Wenn die Schranke am Freitag schließt, ist bis Montag alles zu. Was dann passiert, weiß ich nicht", erklärt eine Sprecherin des Zollamts hilflos und verweist auf das Dresdner Rathaus.
Die seit Jahrzehnten erwartete Sanierung der Holperpiste Stauffenbergallee geht zwar endlich voran, geschieht aber bei laufendem Verkehr und in sieben Abschnitten.
Bedeutet: Die Lkw-Fahrer haben noch weniger Platz zum Parken und sollen ab Herbst einen gesonderten Interimsparkplatz am Hammerweg oberhalb des Geländes der Stadtreinigung nutzen. Dieses Mal mit Toiletten?
"Seitens der Landeshauptstadt ist keine Aufstellung mobiler Toiletten geplant", erklärt dazu ein Rathaussprecher auf Anfrage. Bleibt ja noch die "Naturtoiletta" ...
Kommentar von Jakob Anders: "Ohne Klo, ohne Lobby"
Es gibt verschiedene Maßstäbe, um eine Stadt zu bewerten. Manche erkundigen sich nach den kulturellen Einrichtungen. Andere schauen nach Grünflächen oder wie viele Mülleimer im Park angebracht sind. Wieder andere interessieren sich für die bestmögliche Verkehrsanbindung.
Eines der wichtigsten Kriterien für gute Außenwirkung jeder Stadt auf der Welt bleibt dabei, wie viele öffentliche Toiletten es gibt. Dessen ist sich das Dresdner Rathaus bewusst und investiert im kommenden Jahr zwei Millionen Euro. Zwar wird es dann weniger öffentliche Toiletten in der Stadt geben, diese sollen aber ausschließlich kostenfrei sein.
Teile der Stadtratslobby interpretieren die Ausdünnung der öffentlichen Toiletten als Fehlschluss. Aber es gibt eine Gruppe, die weder zu den Bürgern noch zu den Touristen zählt. Eine Gruppe ohne Klo und ohne Lobby. Die ausländischen Lasterfahrer an der Stauffenbergallee.
Woche für Woche erleichtern sich hunderte von ihnen mehrmals täglich in die Natur. Und auch mit den aktuellen Sanierungsmaßnahmen soll nicht für mobile Klos gesorgt werden.
Was also bleibt einem müden italienischen Brummifahrer nach seinem wochenendlangem Intermezzo am Zollamt an seine Frau zu berichten, außer: "Ich war an der Frauenkirche, habe im Supermarkt Salami und Wein gekauft und dann erstmal in den Busch gekackt." So ist das in Dresden. Wirklich schade.
Titelfoto: Fotomontage: Norbert Neumann