Hilferuf aus Dresdner Brennpunkt-Viertel: Sozial-Arbeiterin warnt vor "Parallel-Gesellschaften"
Dresden - Seit 19 Jahren gibt es den offenen Kindertreff "Treff im Hochhaus" in der Dresdner Südvorstadt - einem Brennpunktviertel. Nun schlägt eine Sozialarbeiterin Alarm: Die Gewaltbereitschaft vieler Kinder sei hoch, Integration schwer möglich.
Sozialpädagogin Sandra Jäpel (42) begann direkt nach dem Studium mit der Arbeit im "Treff im Hochhaus" in der Altenzeller Straße. Hier sollen Kinder von sechs bis zwölf Jahren ihre Freizeit verbringen, Werte vermittelt bekommen.
Nun erzählt sie resigniert: "Es gibt keine soziale Durchmischung mehr im Viertel - das merken wir. Mittlerweile haben 98 Prozent unserer Kinder Migrationshintergrund, viele sprechen schlecht Deutsch und sind verhaltensauffällig."
Kinder verschiedener Herkunft, etwa aus Afghanistan, Syrien, Tschetschenien oder Venezuela, seien psychisch belastet, würden schnell aggressiv.
"Eskaliert eine Situation, gehen die Kinder aufeinander los. Aber auch wir werden zur Zielscheibe."
Brennpunkt Südvorstadt: "98 Prozent der Kinder haben Migrationshintergrund"
Verbale Angriffe würden von "Du Schl**pe" bis zu der Drohung "Ich steche dich ab" reichen.
Auch körperliche Angriffe habe es schon gegeben. "Manche Kinder versuchen mitunter, uns zu treten oder derb anzufassen."
Mittlerweile habe ein Gewöhnungseffekt eingesetzt, ernsthaft verletzt wurden die Sozialarbeiter im "Treff" noch nicht. Doch Jäpel will, dass sich etwas verändert. "Hier wohnen zu viele Menschen aus zu vielen Herkunftsländern auf zu engem Raum. Es bilden sich Parallelgesellschaften."
Die Stadt bestätigt diesen Eindruck übrigens, schreibt mit Blick auf die Probleme im Viertel: "Seit einigen Jahren zeigen sich immer deutlicher die sozialen Problemlagen, die aufgrund des sehr starken Zuzuges von Menschen in prekären Lebenslagen, insbesondere Menschen mit Fluchtgeschichte, zutage treten."
Sozialarbeiterin mahnt: "Verschönerungsmaßnahmen bekämpfen die Ursachen nicht"
Brennpunkte hätten sich entwickelt - die Innenhöfe der Budapester Straße seien einer davon.
Es werde nach Lösungen gesucht. Maßnahmen, etwa die Schaffung größerer Grün- und Freiflächen und die Erweiterung sozialer Angebote, würden geprüft und umgesetzt: Beispielsweise soll diesen Donnerstag ein neues Quartiersmanagement an der Budapester Straße eröffnet werden, das den sozialen Zusammenhalt stärken soll.
Und eine Neugestaltung des Gebiets "Budapester Straße Ost" soll mit der Förderung des Bundesprogramms "Sozialer Zusammenhalt" möglich werden.
Dabei hat Sandra Jäpel einen Appell: "Verschönerungsmaßnahmen bekämpfen die Ursachen nicht. Wir brauchen eine andere Bevölkerungsstruktur im Viertel."
Titelfoto: Holm Helis