Idee für neue Carolabrücke: Dresdner sollen dem Rathaus Geld leihen

Dresden - Donnerstag präsentiert OB Dirk Hilbert (53, FDP) seinen Haushaltsentwurf. Teils radikale Kürzungspläne in fast allen Bereichen wurden bereits im Sommer publik - dann stürzte auch noch die Carolabrücke ein. Um den Wiederaufbau zu finanzieren, wollen die Linken jetzt das Volk beteiligen - und die Bürger sollen dabei sogar profitieren.

Bereits vorm Einsturz war der städtische Geldsäckel leer: Ein neuer Carolabrücken-Bau könnte weitere 140 Millionen Euro verschlingen.
Bereits vorm Einsturz war der städtische Geldsäckel leer: Ein neuer Carolabrücken-Bau könnte weitere 140 Millionen Euro verschlingen.  © Robert Michael/dpa

Die Linken kalkulieren mit Kosten von rund 140 Millionen Euro. Der Einsturz sei ein außergewöhnliches, nicht vorhersehbares Ereignis mit enormen finanziellen Konsequenzen für die Stadt, so Fraktions-Chef André Schollbach (46). "Die Finanzierung des Ersatzneubaus lässt sich nicht einfach aus dem Haushalt herausschwitzen."

Idee der Linken: eine sogenannte "Stadtanleihe". Das ist eine öffentliche Anleihe, die von der Stadt (etwa über die Sparkasse) ausgegeben werden kann. Dabei erhält der Käufer der Anleihe jährliche Zinsen (sollten mindestens dem Marktzins von 2,4 Prozent entsprechen) und zum Ablauf der Laufzeit sein ursprünglich investiertes Kapital zurück.

Anders als Anleihen von Unternehmen, die pleitegehen können, gelten öffentliche Anleihen in Deutschland als relativ sicher.

Kommen jetzt die Dresden-Bonds?

Eine Stadtanleihe für den Wiederaufbau: Die Linken André Schollbach (46) und Tilo Kießling (54) suchen politische Mitstreiter für ihre Finanzierungsidee.
Eine Stadtanleihe für den Wiederaufbau: Die Linken André Schollbach (46) und Tilo Kießling (54) suchen politische Mitstreiter für ihre Finanzierungsidee.  © Norbert Neumann

Ihr Geld "verleihen" können auch Bürger und Firmen.

Mit der Stadtanleihe sichere man nicht nur die Finanzierung eines wichtigen Bauwerks. "Mit der gemeinsamen Bewältigung dieser großen Aufgabe schaffen wir etwas Sinnstiftendes, bei dem sich die Dresdner für ihre Heimatstadt engagieren können", so Schollbach.

Parteigenosse Tilo Kießling (54): "Es darf keine Denkverbote dafür geben, die notwendigen Mittel aufzutreiben!"

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Die Stadt München gab 2020 eine Stadtanleihe im Volumen von 120 Millionen Euro heraus (Laufzeit bis 2032 mit 0,25 Prozent Zinsen), um sozialen Wohnraum zu finanzieren.

Im September folgte eine weitere im Volumen von 300 Millionen Euro (Laufzeit bis 2031 mit 2,75 Prozent Zinsen) für Umweltprojekte.

Und sogar in Dresden gab's schon mal eine: 1993 konnten Bürger zur Bekämpfung maroder Infrastruktur Geld leihen, Zinsen kassieren, es 2003 zurückerhalten.

Kommentar zur Stadtanleihe: Schulden machen!

TAG24-Redakteur Hermann Tydecks kann dem Vorschlag einer Stadtanleihe durchaus etwas abgewinnen.
TAG24-Redakteur Hermann Tydecks kann dem Vorschlag einer Stadtanleihe durchaus etwas abgewinnen.  © Eric Münch

Von Hermann Tydecks

Mit dem Verkauf der städtischen Wohnungen 2006 wurde Dresden seine Schulden los und verankerte in seiner Hauptsatzung ein Verbot, neue Schulden aufzunehmen.

Bis heute ist das gültig, obwohl es das Rathaus längst umgeht, indem es einen "Trick" anwendet.

Nicht die Kommune nimmt Kredite auf, sondern deren Tochtergesellschaften. Etwa für den Bau der Schwimmhallen in den vergangenen Jahren, fürs Heinz-Steyer-Stadion oder aktuell fürs neue Verwaltungszentrum am Ferdinandplatz.

Das ist sogar sinnvoll, denn damit lassen sich Steuern sparen und außerdem belasten die Kredite nicht den städtischen Kernhaushalt. Ohne neue Schulden aufzunehmen, funktioniert die Finanzierung insbesondere von Großprojekten nicht.

Die Idee, für den Bau der neuen Carolabrücke eine Stadtanleihe auszugeben, finde ich sinnvoll. Bürger borgen ihrer Stadt Geld und helfen so, die wichtige Verkehrsader wieder aufzubauen. Das stiftet sogar Verbundenheit und sorgt zudem für ein paar Euro extra im Portemonnaie der finanziell wenig ambitionierten Sparer.

Denn noch immer lässt eine Mehrheit der Deutschen ihr Geld lieber auf dem Sparbuch mit geringen Zinsen versauern, anstatt es gewinnbringend(er) anzulegen.

Und die Stadt wiederum ist nicht mehr abhängig von Banken, die Kredite nur teuer vergeben. Eine Win-win-Situation also - klingt doch gut, oder?

Titelfoto: Montage: Robert Michael/dpa, Norbert Neumann

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