Grundstücks-Ärger am Alten Leipziger Bahnhof: Globus kündigt Jugend-Projekt

Dresden - Eigentlich sollte ein Teil des brachliegenden Alten Leipziger Bahnhofs bis Ende 2025 zum Bürgerforum werden. Eine Gruppe namens "Ständige Vertretung" stellte eigens "Reifen-Plenum", Container und Öko-Toilette auf das Grundstück. Nun kündigte Eigentümer Globus das Vorhaben auf.

So sieht die Brache "Alter Leipziger Bahnhof" heute aus. Vorn links die "Ständige Vertretung".  © Steffen Füssel

Mit insgesamt 23.380 Euro förderten die Stadtbezirksbeiräte Neustadt und Pieschen das vom Kulturverein GEH8 initiierte Projekt, das eigentlich bis Ende 2025 bleiben und Jugendlichen eine Stimme geben wollte, die das Gelände seit Jahren unerlaubt zum Sprayen, Skaten, Abhängen nutzen.

"In der Diplomatie gibt es Ständige Vertretungen dann, wenn der Begriff 'Botschaft' aufgrund ungeklärter Gebietsverhältnisse nicht verwendet werden darf. Das passt zur aktuellen Situation am Alten Leipziger Bahnhof. Wir wollen zwischen Jugendlichen und Eigentümer vermitteln", sagen die beiden Projektkoordinatoren Paul Elsner von der GEH8 und Gudrun Deppe von der TU Dresden.

Erst Ende Juni feierte die "Vertretung" Richtfest, zuvor tüftelten TU-Studenten lange: Sie konstruierten nachhaltiges Mobiliar, bauten eine geruchsneutrale Öko-Toilette, entwarfen eine Treppe aus alten Graffiti-Spraydosen und identifizierten sogar Heilkräuter, die auf dem Globus-Grundstück wachsen.

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Aus Frankreich kam Künstler Olivier Bedu nach Dresden, um ein "Reifen-Plenum" aus alten Autoreifen zu basteln.

Nun also die Kündigung der Nutzungsvereinbarung.

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Gudrun Deppe vom Institut für Städtebau an der TU Dresden und Paul Elsner vom Verein GEH8 koordinieren das Projekt. Doch wie lange noch?  © Steffen Füssel
Das Globus-Grundstück würde mit städtischer Förderung gestaltet, unter anderem eine Treppe aus alten Spraydosen angebaut.  © Steffen Füssel
Ein französischer Künstler entwarf das "Reifen-Plenum".  © Steffen Füssel
Diese Toilette soll nachhaltig und geruchsneutral sein. Dafür sorgen Sägespäne (statt Klopapier) und Frischluft von oben.  © Steffen Füssel

Projekt stößt bei der Verwaltung auf Wohlwollen - Globus zieht dennoch die Reißleine

Eigentlich hätten bis Anfang September alle Möbel geräumt werden müssen.

Doch Elsner will bleiben: "Wir haben das Gespräch mit Globus gesucht und hoffen auf eine Lösung, mit der alle Beteiligten zufrieden sind."

Zugleich appelliert er an die Stadt, Wege zum Verbleib der "Ständigen Vertretung" auf dem verlassenen Gelände zu finden.

Die teilte auf Anfrage mit: "Welche Auswirkungen eine Kündigung des Nutzungsvertrages auf die vollständige Erreichung der Projektziele hat, kann aktuell noch nicht abschließend beurteilt werden."

Von verschwendeten Fördergeldern werde nicht ausgegangen, das Projekt stoße weiterhin "auf Wohlwollen in verschiedenen Bereichen der Verwaltung".

Globus wollte sich gegenüber TAG24 nicht äußern.

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Hintergrund: Deutschlands erster Fernbahnhof

So sah der erste Fernbahnhof Deutschlands um das Jahr 1839 aus.  © J. C. A. Richter, Public domain, via Wikimedia Commons

Der Alte Leipziger Bahnhof wurde 1839 als Deutschlands erster Fernbahnhof eingeweiht.

Schon bald ratterten Züge bis nach Prag, Wien oder Leipzig. 1901 kam der Personenverkehr zum Erliegen. Im Wendejahr 1989 wurde der Betrieb komplett eingestellt.

Seither liegt das rund 27 Hektar große Gelände brach. Ab 2010 wollte Globus einen Baumarkt auf dem Gelände errichten, kaufte Grundstücksflächen. Aus dem Rathaus gab es Gegenwind, über einen Flächentausch mit Globus wird bis heute verhandelt.

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Dass auf dem Areal des Alten Bahnhofs ein neuer Stadtteil entstehen soll, beschloss der Stadtrat im Juni 2018.

Im Mai 2024 billigte er einen ersten Vorentwurf für das geplante Viertel. Dieser sieht ein klimafreundliches Quartier mit Wohnungen, Park, Markthalle und Elbzugang vor. Die Stadt präzisiert den Vorentwurf nun, ein späterer Bebauungsplan muss erneut durch den Stadtrat.

Bis die ersten Bagger rollen, werden Jahre vergehen.

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