Falkner Schaaf nimmt euch mit in Himmelswelten
Dresden - Vor sich ein Weinberg. Im Rücken das Schloss. Unten schlängelt sich die Elbe glitzernd durchs Tal, lenkt den Blick aufs dahinter gerade erwachende Meißen. Kein schlechter Arbeitsplatz, den Hans-Peter Schaaf (48) da hat.
![Falkner Hans-Peter Schaaf mit Riesenseeadler Stella.](https://media.tag24.de/951x634/w/c/wcwdmkq0unnv4w1nzda2xpmjvjmy4n8d.jpg)
Auf seiner mit dickem Leder geschützten Hand sitzt derweil ein echter Brocken: Riesenseeadler Stella (3), knapp 9 Kilo schwer, 2,80 Meter Flügelspannweite.
Auf ein Kommando seines "Herrn" stößt sich der gewaltige Vogel ab, schaufelt förmlich die Luft mit den Schwingen beiseite und schraubt sich in den Himmel, bis er nur noch gleitet, unaufgeregt, majestätisch, Richtung Albrechtsburg und wieder zurück.
Nur selber fliegen ist schöner? Vielleicht. Vielleicht auch nicht.
Mit seinen wilden Haaren und dem Bart sieht Hans-Peter Schaaf wie ebenjener Naturbursche aus, der er auch ist. Einer, der sich nicht verbiegen will, lieber sein Ding macht, jetzt eben hier.
Jahrelang hatte er seine Greife - Bussarde, Falken, Stein- und Seeadler - über Moritzburg kreisen lassen. Seit Herbst letzten Jahres ist er in Proschwitz, auf Anfrage des Schlossherrn sozusagen.
Der Prinz zur Lippe hatte wohl eine Vorführung des "Falkners" gesehen (eine Berufsbezeichnung, die nicht ganz stimmt, da Schaaf mit seinen Vögeln nicht jagt). "Offenbar hat ihm gefallen, wie ich das rübergebracht habe", druckst Schaaf herum, und man merkt, dass er keiner ist, der sich und seine Fähigkeiten gern in den Vordergrund stellt.
Weil es ihm eher um die Sache geht. "Ich rede bei den Vorführungen viel über Naturschutz, komme quasi vom Wanderfalken zum sterbenden Regenwald", erklärt der gebürtige Oberlausitzer. Schließlich sei es doch wichtig, die Menschen für die Belange der Natur zu sensibilisieren.
Ein Herz für Tiere
![Auf dem Weingut von Prof. Dr. Georg Prinz zur Lippe (re.) haben Schaaf und Vögel eine neue Heimat gefunden.](https://media.tag24.de/951x634/c/0/c0byamg3t85jhkndxg36967ll4ni37sv.jpg)
Schaaf selber hatte schon immer ein Herz für alles, was kreucht und fleucht. Als Neunjähriger fand er im heimischen Oppach einen verletzten Waldkauz.
Der war wohl aus dem Nest gefallen. Der junge Hans-Peter päppelte ihn wieder auf. Das sprach sich herum."Von da an brachten die Leute alle möglichen Tiere zu uns", erinnert sich Schaaf.
Die Eltern zogen mit, waren ja auch im positiven Sinne "vorbelastet". Schaaf: "Mein Vater stammte aus Estland. Als Junge zog er einen kleinen Braunbären groß." Na dann!
Nach Abstechern in diverse andere Berufe holten die Leidenschaft und das Händchen für Tiere Hans-Peter Schaaf schließlich ein.
Er jobbte in verschiedenen Tierparks, legte sich dann nach und nach seine Greifvögel zu, machte sich selbstständig. Sein kleinster Vogel ist ein Zwergfalke, "50 Gramm leicht und nur etwa sperlingsgroß".
Und sein liebster? "Schwer zu sagen", überlegt Schaaf. "Vielleicht Wildfalken-Weibchen Emma." Die ist immerhin schon 18 Jahre bei ihm, so etwas schweißt zusammen.
Tatsächlich kam es auch schon vor, dass Vögel von ihren Ausflügen nicht zurückkamen - was jeder Falkner schon erlebt haben dürfte. "Gerade bei jungen Tieren muss man aufpassen", weiß Schaaf, der sich eher belustigt an die kurze "Flucht" eines früheren Riesenseeadlers erinnert: Innerhalb von zwei Tagen hatte der es von Sachsen bis an die polnische Ostseeküste geschafft, irgendwo kurz vor dem russischen Kaliningrad.
"Am Strand machte er erfolglos Jagd auf kleine Hunde, ließ sich dann aber von einem beherzten Feuerwehrmann einfangen."
Klar, die Scheu vorm Menschen hatte er ja ein Stück weit abgelegt. Und: "Der Feuerwehrmann hatte ihn clevererweise mit einer Hühnerkeule geködert", lacht Schaaf. Anhand der Beringung des Vogels hatte man ihn schnell als Halter ausgemacht und informiert, sodass er das Tier abholen konnte.
Durch die Corona-Krise sieht es schlecht aus
![Schaaf kann nicht nur mit Vögeln, sondern auch mit Hunden: Münsterländer Bonzo (5) hört -meist- aufs Wort.](https://media.tag24.de/951x634/k/8/k83trh7805cjc73igex287r74doiwm73.jpg)
Normalerweise lässt Schaaf seine Vögel in der Saison täglich mindestens zweimal fliegen.
Schauvorführungen am Weinberg von Schloss Proschwitz gibt es von Mittwoch bis Sonntag (8 Euro für Erwachsene, 4 Euro für Kinder). Buchen kann man Schaaf und seine Vögel auch, für Film und Theater genauso wie für Firmen-Events, Familienfeiern, Bildungsveranstaltungen.
Allerdings mache er nicht den Pausenclown, stellt Schaaf fest, und auch seine Vögel seien nicht zu irgendwelchen Mätzchen dressiert, sondern zeigten im Grunde nur das, was sie auch in der Natur auch machten.
"Nur, dass man näher dran ist." Und das ist ja schließlich beeindruckend genug.
Eigentlich war das Auftragsbuch fürs Jahr daher auch gut gefüllt. Bis zur Corona-Krise. Wie vielen anderen brechen nun auch Schaaf ("Und meinen Kollegen...") die Einnahmen nahezu komplett weg, was den Appetit der Tiere auf Fische, Wachteln, Wild usw. nicht schmälert.
Der Selbstständige hofft, dass sich einige Tierfreunde jetzt zu Vogelpatenschaften, Spenden oder Vorbuchungen entschließen, damit es weitergehen kann. Denn auch seine gefiederten Freunde leben leider nicht von der malerischen Aussicht und der guten Thermik allein.
Info: jagdfalkenhof-schaaf.de
Titelfoto: Thomas Türpe - Tuerpe