Tag der offenen Tür am Hammerweg: Zu Gast im Knast!
Dresden - Wie sieht eine Haftzelle aus? Dürfen Gefangene Fernsehen und Telefon nutzen? Und was ist eine Schubzentrale? All das wurde gestern beim Tag der offenen Tür in der JVA am Hammerweg beantwortet.
Das Interesse war riesig. 360 Interessierte bis aus Halle in Sachsen-Anhalt hatten sich Tickets für die zwölf je 90 Minuten langen Führungen besorgt.
"Noch einmal so viele gingen leer aus", sagte Anstaltsleiter Jörn Goeckenjan (51), der gestern selber zu einem Knast-Guide wurde. "Die einen monierten zu strenge Reglementierungen, andere fanden den Vollzug zu lasch", stellte er fest.
Gedränge herrschte in den zwei Musterzellen (11 qm mit abgetrenntem Waschbecken und WC), die am Mittwoch noch mit Gefangenen belegt waren. Staunen rief ein Telefon in jeder Zelle hervor, mit dem Häftlinge jederzeit kostenpflichtig telefonieren können.
"Davon wird rege Gebrauch gemacht", sagte Goeckenjan. "Telefonate sind jedoch auf 15 Rufnummern begrenzt, die wir genehmigen müssen. Sex-Hotlines dürfen nicht dabei sein."
Im Gefängnishof wurde die Schubzentrale vorgestellt - eine Art Linienbussystem zwischen anderen Haftanstalten. "Wir fahren täglich bis zu zweimal fünf Linien mit einem Bus, in dessen Kabinen 29 Häftlinge Platz haben", erklärt Jörg Hammer (51) von der Schubabteilung. Statt Tickets müssen Transportscheine vorgezeigt werden, mit denen Häftlinge zu Klinikuntersuchungen, Gerichtsverhandlungen, zur Abschiebung oder zum Besuch von Angehörigen in andere Bundesländer gefahren werden.
Besonders spannend fanden die Besucher die Gefängnis-Eigenbetriebe, wo Häftlinge in einer Schlosserei, Tischlerei, Kfz-Werkstatt, Wäscherei, Bäckerei oder Fleischerei arbeiten können. "Die JVA ist wie eine kleine Stadt, die sich selbst versorgt", wunderten sich Besucher Bettina (76) und Ullrich Rauch (79) aus Dresden.
Wer gestern beim Zellen-Gucken nicht zum Zuge kam: In zwei Jahren gibt's den nächsten Tag der offenen Tür.
Fakten zur JVA Dresden
Die im Jahr 2000 eröffnete JVA Dresden ist mit 11 Hektar Fläche das größte der zehn Gefängnisse in Sachsen (95 Prozent Einzelzellen). Ausgelegt für 805 Gefangene ist die Anstalt derzeit mit 680 Häftlingen belegt. Goeckenjan: "Davon sind seit 2016 konstant ein Drittel Ausländer - vor allem Georgier, Tunesier, Polen und Tschechen."
Die Delikte der Insassen reichen von Diebstahl bis Terror. Insgesamt 397 JVA-Mitarbeiter (u.a. Vollzugsbedienstete, Psychologen, Sozialpädagogen, Lehrer) sichern die Betreuung ab. Goeckenjan: "Wir suchen etliche neue Justizvollzugsbeamte und einen Anstaltsarzt."
380 Häftlinge gehen derzeit in den JVA-Eigenbetrieben arbeiten oder büffeln in Schulklassen für ihren Haupt- oder Realschulabschluss.
Titelfoto: Ronald Bonss