Die Exoten der Polizei: Wir machen auf der Elbe Klarschiff

Dresden - Sie sind auf dem Rücken von Polizeipferden zu Land, als Hubschrauberstaffel zu Luft und als Taucher oder Wasserschutzpolizei in und auf Sachsens Flüssen und Seen unterwegs. Doch wie sehen ihre Ausbildung und der Dienstalltag aus? Wir stellen die Spezialisten der Bereitschaftspolizei vor. Zum Serienstart nehmen wir Sie heute auf eine Patrouillenfahrt der Dresdner Wasserschutzpolizei mit.

Die Wasserschutzpolizei Sachsen bestreift neben Seen und Talsperren auch insgesamt 172 Kilometer Elblauf: Das große Streifenboot der Dresdner Besatzung hört auf den Funkruf "WSP02 Elbtal".
Die Wasserschutzpolizei Sachsen bestreift neben Seen und Talsperren auch insgesamt 172 Kilometer Elblauf: Das große Streifenboot der Dresdner Besatzung hört auf den Funkruf "WSP02 Elbtal".  © Petra Hornig

Wo sie arbeiten, machen andere Urlaub. Ihr heutiges Revier ist feucht, manchmal seicht und 82 Kilometer lang - der Elbverlauf im Abschnitt von der tschechischen Grenze hinter Bad Schandau bis nach Riesa.

Ihr Dienstfahrzeug ist ein 14 Meter langes Streifenboot, Tiefgang 90 Zentimeter. Heute sind Schiffsführer Polizeihauptmeister Stefan Lisofsky (46) und der frisch gebackene Polizeikommissar Marco Gössel (27) ein Team. Ihre 12-Stunden-Schicht beginnt im Dresdner Alberthafen, wo ihr Streifenboot stationiert ist.

Mit der Kraft von zweimal 575 PS pflügt der Doppelmotor durchs Elbwasser. Erst langsam, dann schneller. Lisofsky lenkt das Boot mit einem kleinen Joystick mit der rechten Hand und viel Fingerspitzengefühl. 50 km/h kann er aus den Motoren herauskitzeln.

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Doch heute ist gemächliche Patrouillenfahrt angesagt. "Wir werden auch zur Bergung von Wasserleichen geholt oder nehmen Bootsunfälle auf, werden zu Schlägereien auf Ausflugsdampfern gerufen oder zur Absicherung der Bergung, wenn wie zuletzt in Pirna jemand sein Auto in die Elbe rollen ließ..."

Polizeihauptmeister Stefan Lisofsky sorgt für Ordnung auf dem Wasser

Feucht ja, fröhlich nein: Wie auf Land-, so gilt ebenfalls auf Wasserstraßen die 0,5-Promille-Grenze. Auch Bootsführer der beliebten feucht-fröhlichen Donut-Partyboot-Ausfahrten müssen sich daran halten.
Feucht ja, fröhlich nein: Wie auf Land-, so gilt ebenfalls auf Wasserstraßen die 0,5-Promille-Grenze. Auch Bootsführer der beliebten feucht-fröhlichen Donut-Partyboot-Ausfahrten müssen sich daran halten.  © Petra Hornig

Anfang September sicherte das Team die "Elbkarawane" ab - das erste Konzert der Dresdner Sinfoniker auf einer schwimmenden Bühne am Terrassenufer mitten auf der Elbe.

"Wir mussten sicherstellen, dass keine Wasserfahrzeuge vor der 'Bühne' aufkreuzten", sagt Lisofsky. Als Unterstützung kreiste noch ein wendiges Polizeischlauchboot um Lisofskys Mutterschiff herum.

"Wir kontrollieren auch Sportbootvermieter, die 'Donut-Partyboote" und Fähren, aber auch Angler und gehen Umweltstraftaten am Ufer nach", erzählt Gössel.

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Er wollte wegen seines besonders ausgeprägten Gerechtigkeitssinns schon seit Kindesbeinen Polizist werden. Nach einer Station als Personenschützer für die Staatsregierung meldete er sich bei den Wasserschützern.

Lisofsky ist gelernter Handwerker, gebürtiger Berliner, Wahl-Sachse und war vor 2005 Revierpolizist in Meißen und Dresden. Heute kennt er sich bestens mit der BinSchStrO aus. Hinter der kryptischen Abkürzung verbirgt sich das Wortungetüm Binnenschifffahrtsstraßenordnung.

Auch im Wasserverkehr kommt es zu Polizeikontrollen

"Volle Fahrt voraus": Polizeihauptmeister Stefan Lisofsky (46) bändigt die insgesamt 1150 PS seines Streifenbootes mit einem kleinen Joystick. Polizeikommissar Marco Gössel (27) scannt im Hintergrund mit dem Fernglas das Flussbett der Elbe.
"Volle Fahrt voraus": Polizeihauptmeister Stefan Lisofsky (46) bändigt die insgesamt 1150 PS seines Streifenbootes mit einem kleinen Joystick. Polizeikommissar Marco Gössel (27) scannt im Hintergrund mit dem Fernglas das Flussbett der Elbe.  © Petra Hornig

"Auf dem Wasser sind an die 300 Gesetze zu beachten", weiß er. Ausreden zählen nicht. Schließlich muss jeder Motorsportler die BinSchStrO auf seinem Boot immer dabei haben. Schon wer gegen diese "Mitführpflicht" verstößt, riskiert ein Verwarngeld.

Das Streifenboot ist genauso mit Blaulicht und Lautsprecher für Durchsagen bestückt wie ein Streifenwagen auf der Straße. Was an Land "Bitte folgen!" heißt, bedeutet auf der Elbe "Bitte mal am Polizeiboot festmachen! Sportbootführerschein-Kontrolle!"

René Voigt (39) aus Oschatz und Vivien Schellenberg aus Niesky teilen sich ein kleines Motorboot, werden herangewunken: "Wir haben uns für eine Ausfahrt getroffen, entspannen gern auf dem Wasser." Schnell steht fest: alles okay bei den Hobby-Sportbootfahrern.

Was auf den Stadtboulevards die halbstarken SUV-Protzer, sind auf der Wasserstraße die Jetski-Fahrer. "Die Poser rasen mit ihren 200-PS-Boliden mit 100 Sachen über den Fluss", weiß Lisofsky. "Doch ab 35 km/h wird Wasser hart und kann Schäden am Fahrzeug verursachen - und recht weh tun."

Die beiden Polizisten erfreuen sich auch privat am Wasser

"Mal bitte am Polizeiboot festmachen": Nach Gössels kurzer Kontrolle der Papiere kann die muntere Bootsausfahrt für Vivien Schellenberg und René Voigt auf der Elbe weitergehen.
"Mal bitte am Polizeiboot festmachen": Nach Gössels kurzer Kontrolle der Papiere kann die muntere Bootsausfahrt für Vivien Schellenberg und René Voigt auf der Elbe weitergehen.  © Petra Hornig

Wie auch im Straßenverkehr gilt für Bootsführer die 0,5-Promille-Grenze. "Die gilt übrigens unabhängig von der Antriebsart gleichsam für Paddler wie Motorboote", ergänzt Gössel.

Jeden Tag am, auf und manchmal zu Rettungsaktionen auch im Wasser - wie sieht da Urlaub aus? Während Gössel als AIDA-Kreuzfahrt-Fan in den Ferien gern mal auf größere Pötte umsteigt, kann sich Lisofsky privat keinen Bootsurlaub vorstellen.

Er liebt aber Urlaub am Wasser und an der Mecklenburger Seenplatte. Langsam wird es dunkel. Jetzt kontrollieren die Wasserschutzpolizisten noch, dass jeder Licht am Rad, äh, am Wasserfahrzeug hat. Dann fährt das Boot langsam in den Sonnenuntergang zurück in den Hafen.

Wer weiß, wo die beiden morgen im Einsatz sein werden auf den insgesamt 94 sächsischen Seen und Talsperren oder 21 Flussläufen...

Kleine Gesetzeskunde

Wurde nach seinem Studium am 1. Oktober zum Polizeikommissar ernannt: Marco Gössel (27) ist jetzt Vize-Dienstgruppenführer bei der Wasserschutzpolizei Sachsen. Die Spezialausbildung mit Funkschein, zig Lehrgängen, Seemannsknoten lernen und allerlei Patenten dauert insgesamt etwa zwei Jahre.
Wurde nach seinem Studium am 1. Oktober zum Polizeikommissar ernannt: Marco Gössel (27) ist jetzt Vize-Dienstgruppenführer bei der Wasserschutzpolizei Sachsen. Die Spezialausbildung mit Funkschein, zig Lehrgängen, Seemannsknoten lernen und allerlei Patenten dauert insgesamt etwa zwei Jahre.  © Petra Hornig

Was ist erlaubt und was nicht? Der Gesetzgeber schreibt einige Regeln vor:

• Neues Schlauchboot im Baumarkt gekauft und dann einfach ab damit zum Paddeln auf die Elbe? Taufe nicht vergessen! "Wer seinem Boot keinen sichtbaren Namen verpasst, muss 35 Euro Strafe zahlen", sagt Lisofsky. Egal, ob "Titanic", "Flussstürmer" oder "Ente 08/15" - ein fiktiver Bootsname muss Backbord und Steuerbord (also links und rechts) gleichsam am Bootsrumpf stehen.

• Ab Sonnenuntergang heißt's "Licht an" und jedes Wasserfahrzeug muss beleuchtet sein.

• An den Dresdner Elbbrücken herrscht Linksverkehr. Damit ist gewährleistet, dass der Bergfahrer (flussaufwärts Richtung Tschechien) im Gegenstrom der Elbe besser navigieren kann.

• An den Bögen der Dresdner Elbbrücken müssen Durchfahrtsregeln beachtet werden. Wer unter dem falschen Brückenbogen flussauf- oder -abwärts fährt, riskiert 35 Euro Verwarngeld - gilt auch für Paddler und Schlauchbootfahrer.

• In der Elbe ist Baden grundsätzlich erlaubt, im Umkreis von 100 Metern zu Brücken allerdings verboten.

Wasserschutz in Zahlen

Rasen, prahlen und den Gashebel stets am Limit: Die forschen Jetski-Fahrer sind die Poser der Wasserstraßen.
Rasen, prahlen und den Gashebel stets am Limit: Die forschen Jetski-Fahrer sind die Poser der Wasserstraßen.  © Petra Hornig

Wie groß ist eigentlich die Wasserschutzpolizei von Sachsen? Hier ein paar Statistiken im Überblick:

• Die sächsische Einheit ist nach der saarländischen die zweitkleinste Wasserschutzpolizei (WSP) in Deutschland. Für sie arbeiten 51 Bedienstete, 46 davon sind Polizeivollzugsbeamte.

• Die Zuständigkeit erstreckt sich auf alle schiffbaren Gewässer im Freistaat. Die WSP ist in Sachsen in die beiden Abschnitte Dresden und Riesa mit Dienststellen in Dresden, Pirna und Riesa (jeweils zuständig für die Elbe), Leipzig (Standort Markkleeberg) und seit August auch in Geierswalde am Geierswalder See aufgeteilt.

• Jährlich rücken die Boote der sächsischen WSP zu über 250 Einsätzen aus, die von einigen Stunden bis zu einigen Tagen Länge andauern können. Im Coronajahr 2020 ging auch auf den Gewässern die Einsatzzahl zurück - auf nur noch 200.

• Die WSP Sachsen verfügt unter anderem über fünf Streifenboote, ein Feststoffschlauchboot sowie sechs Einsatz- und ein Kajütboot.

Titelfoto: Bildmontage: Petra Hornig

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