Denkmalschutz plötzlich egal? Schulcampus soll dringend grüner werden

Dresden - Ist der Denkmalschutz auf einmal egal? Beim Neubau des top modernen Schulcampus Tolkewitz (Kosten: 68 Millionen Euro) auf dem Gelände des historischen Straßenbahnhofs wurde bewusst auf einen begrünten Vorplatz verzichtet. Sieben Jahre nach Eröffnung soll die Begrünung plötzlich nachgeholt werden - für über eine halbe Million Euro.

Weicht das Natursteingroßpflaster zwischen den Gleisen bald Rasenflächen?
Weicht das Natursteingroßpflaster zwischen den Gleisen bald Rasenflächen?  © Eric Münch

Mit Verweis aufs innerstädtische Klima träumt das Stadtbezirksamt Blasewitz von "Baumpflanzungen im gesamten Bereich", von "begrünten Rasengleisen" und "Sitzwaggons als Sitzdecks und Waggons in begrünter Form".

Kein billiges Vorhaben: Allein, um 17 Bäume zu pflanzen, Baumrigolen anzulegen und die Entwässerung anzupassen, würden rund 497.000 Euro fällig. Im zweiten Bauabschnitt würden dann Rasengleise aus Thymianrasen, Sitzwaggons aus Hainbuchenhecken und Sitzquader eingebaut - kostet nochmal 113.000 Euro.

Und das, obwohl eine Begrünung des Vorplatzes des 2018 eröffneten Campus laut Stadtbezirksamt "seinerzeit unter der Argumentation des Denkmalschutzes abgelehnt" wurde.

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Die alten Gleise des früheren Straßenbahnhofs Tolkewitz blieben absichtlich unbepflanzt, bewusst verlegte man historisches Natursteingroßpflaster dazwischen. Wird der Vorplatz begrünt, weicht das Pflaster für Trockenrasen.

Etwas öde, aber bestimmt denkmalgerecht: So sieht der Vorplatz des Schulcampus Tolkewitz heute aus.
Etwas öde, aber bestimmt denkmalgerecht: So sieht der Vorplatz des Schulcampus Tolkewitz heute aus.  © Eric Münch

Der Stadtbezirksbeirat entscheidet im Mai

Auf einer Visualisierung zieren grüne Sitzflächen, "Rasengleise" und schattenspendende Bäume den Vorplatz.
Auf einer Visualisierung zieren grüne Sitzflächen, "Rasengleise" und schattenspendende Bäume den Vorplatz.  © Ulrich Krüger Landschaftsarchitekten Dresden

Die Vorlage geht auf einen Vorschlag des Stadtbezirksbeirats von 2021 zurück, demnach OB Dirk Hilbert (53, FDP) Baumpflanzungen für den "mehr als tristen" Vorplatz planen solle. Ob der Beirat mit derart ambitionierten Plänen gerechnet hat? Im Mai entscheidet er darüber.

Trost für sparsame Stadtbezirksbeiräte: Von der Förderbank KfW kam schon eine Zusage für 397.592 Euro Fördermittel für den ersten Bauabschnitt. Vorerst muss nur der städtische Eigenanteil von 99.398 Euro beschlossen werden, damit bald eine "Verbesserung des innerstädtischen Klimas am Schulstandort" eintritt.

Warum gibt es eigentlich keine Denkmalschutz-Bedenken mehr? Auf diese Frage kam am Dienstag keine Antwort aus dem Rathaus.

Titelfoto: Eric Münch

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