Das verschwundene Graf-Luckner-Anwesen entsteht wieder neu
Dresden - In Altfranken - hoch über der Stadt - prangte im 19. Jahrhundert das Luckner-Schloss, das 1939 von den Nazis abgerissen wurde. Jetzt kehrt es zurück!
Neumarkt-Investor Rudolf Kimmerle (78) baut sich an gleicher Stelle sein Schloss. Es wird fast genauso aussehen wie das einst im neogotischen Tudorstil errichtete Anwesen von 1852.
Dresden bekommt damit ein Andenken an die legendäre Offiziersfamilie der Grafen Luckner zurück: Bauherr war damals Heinrich Wilhelm Graf von Luckner (1805-1865), ein Vorfahre des wohl berühmtesten Sprosses der Familie, des "Seeteufels" Felix Graf von Luckner (1881-1966).
Rund 40 Handwerker tummeln sich auf der Baustelle. Der Rohbau steht, jetzt wird der Innenausbau realisiert.
Rudolf Kimmmerle kommt jede Woche nach Dresden, sieht nach den Fortschritten. "Ich freue mich darauf, wenn es fertig ist", sagt er.
Kimmerle will den Schlosshern geben
Die Idee, das Schloss wieder zu errichten, war nicht etwa Nostalgie, sondern viel mehr Geschäftssinn: Das Schloss soll das "Zugpferd" des Kim-Hotels werden, das er vor Jahren auf das Schlosspark-Gelände bauen ließ. "Wir haben hier keine Laufkundschaft", sagt Kimmerle.
Akribisch studierte er für sein Vorhaben alte Pläne, Bilder und Briefe, um dem Original möglichst nahezukommen. Als er vor zwei Jahren mit dem Bau begann, hoffte er, auf alte Fundamente zu stoßen. "Es war alles abgebrochen und weggeschmissen." Nur ein paar Steine und Gitter vom Keller waren noch da. Der wurde wieder aufgebaut und wird als Weinkeller dienen.
Das Schloss mit dem markanten achteckigen Aussichtsturm wird farbenfroher als das Original, die Fassade rötlich verputzt werden und nicht, wie die Stadt nach Vorlage mehrerer Entwürfe entschied.
Kimmerle wird tatsächlich - wenn er aus Bayern nach Dresden kommt - den Schlossherrn geben. Er zeigt auf eine Eck-Suite im Obergeschoss und sagt: "Da schlafe ich."
Noch Ende dieses Jahres soll es so weit sein. Dann soll der zwölf Millionen Euro teure Bau mit 43 Zimmern und acht Suiten fertig sein. Danach wird der knapp fünf Hektar große Park neu angelegt. Die ersten 50 Bäume hat Kimmerle schon gekauft.
Der "Seeteufel" seiner Majestät und was auf dem Luckner-Anwesen geschah
Der bis heute berühmteste Spross der Grafen-Familie ist Felix Graf von Luckner. 1881 in Dresden geboren, wuchs er allerdings nicht auf dem Schloss seines Großonkels in Altfranken auf, sondern im benachbarten Pennrich auf einem stattlichen Gutshof, der bis heute existiert.
Unsterblichkeit erlangte er als Freibeuter in Kaisers Diensten während des Ersten Weltkrieges. Mit seinem als norwegischer Frachter getarnten Hilfskreuzer "Seeadler" durchbrach er die britische Blockade und brachte auf seiner einjährigen Kaperfahrt um die halbe Welt 16 Feindschiffe auf, von denen er 14 versenkte. Nach dem Krieg schrieb er den Bestseller "Seeteufel. Abenteuer aus meinem Leben", das weltweit in Millionenauflage verkauft wurde.
Luckner hatte seine letzten Jahre mit seiner schwedischen Frau in Malmö verbracht, wo er 1966 starb. Seine letzte Ruhe fand der "Seeteufel" in Hamburg.
Zu Luckner-Zeiten ging es übrigens turbulent auf dem Anwesen in Dresden zu: Bauherr Heinrich Wilhelm Graf von Luckner nahm sich das Leben, nachdem seine Frau und sein erster Sohn Arthur verstorben waren. Sein zweiter Sohn Alfred Felix heiratete eine Tänzerin der Hofoper Dresden. Wegen seiner Eskapaden wurde er als "der tolle Graf" bekannt.
1938 wurde das Schloss an die Nazis verkauft, die es dann dem Erdboden gleichmachten.
Titelfoto: Montage: Eric Münch