Baugrube kontrolliert geflutet: Hochwasser stoppt Großprojekt der Stadtentwässerung
Dresden - Seit Tagen steht Dresden das Hochwasser quasi wieder bis zum Hals. Wie bei der Weihnachtsflut schwappt die Elbe schon wieder übers Terrassenufer. Die Straße ist gesperrt, die Dampfer der Weißen Flotte müssen besonders gesichert werden, das Grundwasser drückt.
Jetzt hat die Flut auch Auswirkungen auf eines der wichtigsten Bauvorhaben der Stadtentwässerung (sic!). Die Arbeiten am neuen Großkanal für Dresdens Chipwerke sind gestoppt, die Baugrube ist geflutet.
Dicke Hydraulikschläuche schlängeln sich durch trübes Wasser, der elf Meter tiefe Schacht in Kaditz ist verwaist. Dabei waren die Bauleute um Projektleiter Frank Schönstädt (41) mit den unterirdischen Arbeiten so gut wie fertig.
"Von den insgesamt 370 Metern bis zum Ziel fehlten uns nur noch fünf", so Schönstädt. Doch wegen des steigenden Grundwasserspiegels, der direkt mit dem Hochwasser zusammenhängt, mussten die zehn Arbeiter den Bauabschnitt räumen. Dann folgte die kontrollierte Flutung.
Der Grund: Steigt der Druck durch das Wasser an den stützenden Außenwänden übermäßig an, kann die Bodenplatte der Baustelle aufreißen. Statiker sprechen von einem "hydraulischen Grundbruch", ein potenzieller Super-GAU. Denn dadurch wäre die Baustelle hinüber, würde die gesamte Umgebung, inklusive der anliegenden Grimmstraße, wie bei einem Erdrutsch zusammenfallen.
Warten auf sinkende Pegel
Nun steht das Wasser in der Grube 1,30 Meter hoch. Ein Großteil der empfindlichen Geräte wurde rechtzeitig abtransportiert. Das Herz der Baustelle, die massive Rohrvortriebsmaschine, wurde mit einer Stahlplatte abgedeckt, ist möglicherweise noch funktionsfähig.
Der genaue Flutschaden ist noch unbekannt. Mit riesigen Sandsäcken beschwerte Betonrohre, eigentlich zur Verlegung gedacht, sollen die Bodenplatte nun fixieren.
"Wir rechnen nach aktuellem Stand damit, dass es hier in zwei Wochen weitergeht", so Schönstädt. Ausreichend zum Bauen wäre ein Elbpegel von rund 3,50 Meter. Dann wird das Wasser aus dem Loch gepumpt.
Die anderen vier Teilbaustellen (zwischen Riegelplatz und Infineon-Standort) des geplanten zehn Kilometer langen Hauptkanals beginnen im April - dann ist die aktuelle Flut hoffentlich Geschichte. Bis 2027 soll der 70 Millionen Euro teure Industriesammler Nord fertig.
Titelfoto: Bildmontage: Steffen Füssel