Verkehrsversuch Blaues Wunder: Nerven liegen blank!
Dresden - Am Blauen Wunder lagen am Montagmorgen die Nerven blank. Der von Bürgermeister Stephan Kühn (44, Grüne) begonnene Verkehrsversuch sorgte zeitweise für Chaos und Aufregung. Finstere Blicke aus Autofenstern trafen auf Radfahrer, die nun bis zum 16. Juni deutlich mehr Platz haben.
Um 7.45 Uhr huschte eine Gruppe von Kindern über den ansonsten fast leeren Fußgängerweg der Brücke. Der Bus am Körnerplatz kam nicht. Ein Blick in die DVB-Fahrplan-App verriet: Linien wie die 61 hatten bis zu 50 Minuten Verspätung. Zu viel, um noch pünktlich im Unterricht zu erscheinen.
Denn durch Loschwitz zog sich eine stockende Blechlawine. Und das nicht nur entlang der Pillnitzer Landstraße.
"Das ist eine Gewaltaktion", sagte Robert Reinelt (47). Der Gewerbetreibende aus Bühlau berichtete von seinen Beobachtungen: "Wir haben die gesamte Grundstraße entlang Stau, bis in die Wohngebiete."
Für seinen Arbeitsweg zum Waldpark stieg er am Montag aufs Fahrrad, ließ das Auto zu Hause. "Ich musste vier Termine absagen", so Reinelt.
Er verstehe das Anliegen der Radler. Doch der Versuch sei unüberlegt, die enge Verkehrssituation auf Brücke und Rampe sowohl Stau- als auch Gefahrenquelle.
Loschwitzer Brücke in Dresden: Autofahrer beschweren sich über Radfahrer
Fahrradfahrerin Antje Pellmann (52) kommentierte: "Es ist lobenswert, dass die Stadt etwas versucht. Doch ich fühle mich beim Rüberfahren unsicher."
Im Hintergrund schallte das Martinshorn. Der mit Blaulicht heranfahrende Notarztwagen kam auf der Brückenrampe fast zum Stehen, musste für sein Fortkommen auf die Gegenspur ausweichen. Nur durch das rechtzeitige Anhalten des Gegenverkehrs konnten die Retter ihre Fahrt in Richtung Blasewitz fortsetzen.
Viele Autofahrer hatten das Maß gestrichen voll. "Sch*** Radfahrer!" war noch das Höflichste, was aus heruntergelassenen Seitenfenstern dröhnte.
Der Feierabendverkehr staute sich bis weit aufs Käthe-Kollwitz-Ufer. Die meisten Radfahrer ließen sich von diesem Trubel aber nicht aus der Ruhe bringen.
Sie nutzten mehrheitlich ihre neue Spur in Richtung Hüblerstraße.
Wird der Verkehrsversuch am Blauen Wunder abgebrochen?
Neben den Berufspendlern machte sich auch Dresdner Politprominenz ein Bild von der Lage. Auf Stadtrat Thomas Löser (52, Grüne) folgte Bau-Experte Tilo Wirtz (55, Linke).
Letzterer sprach sich am Mittag trotz anfänglicher Unterstützung für den Abbruch des Versuchs aus. Bereits am Vorabend plakatierten Stadtpolitiker Holger Zastrow (55) und sein Team gegen das Vorhaben.
Der Geschäftsbereich von Bürgermeister Kühn teilte auf Anfrage von TAG24 mit, zunächst am Versuch festhalten zu wollen. Bis Freitag soll eine erste Auswertung der Verkehrszahlen erfolgen, hieß es in einer Stellungnahme.
Titelfoto: Eric Münch