Adventszeit in Dresden: Für das Verkehrskonzept hagelt es Kritik!
Dresden - Terrassenufer für Autos auf, Hauptstraße für Radler dicht: Das Verkehrskonzept des Rathauses zur Bewältigung des Weihnachtsmarkt-Ansturms stößt auf ein geteiltes Echo.
Allein auf dem Striezelmarkt werden täglich rund 90.000 Besucher erwartet. Die Verwaltung versucht, den Massen den ÖPNV schmackhaft zu machen, bietet etwa kostenlose Parkplätze im Ostragehege und von dort eine Anbindung ins Zentrum an.
Außerdem sollen Bahnen ungestört über die Marienbrücke rollen können, dafür wird die teils über die Gleise führende Fahrspur für Autos gesperrt.
Das sorgt vor allem bei Pendlern für Kritik. "Mehr fällt Euch nicht ein, als noch 'ne Spur zu sperren?", kommentiert eine Dresdnerin auf Facebook, fordert bessere Ampelschaltungen und das Anbringen von kaum noch zu findenden grünen Blechpfeilen.
"Maßnahmen wie der Vorrang der Straßenbahn auf der Marienbrücke sind schon lange überfällig", findet dagegen Stadtrat Stefan Engel (31, SPD). "Gerade bei einer angespannten Verkehrslage ist Dresden auf einen leistungsfähigen ÖPNV angewiesen, der nicht im Stau steht."
SPD-Stadtrat Engel: "Radverkehr wird ins Nirwana geschickt"
Allerdings kritisiert er das Konzept mit Blick auf die Radler, die nicht mehr im Bereich der Weihnachtsmärkte fahren dürfen. "Die Lösung für den Radverkehr auf Neustädter Seite kommt deutlich zu spät. Der Aufbau des Weihnachtsmarkts auf der Hauptstraße startet, während der Radverkehr immer noch ins Nirwana geschickt wird."
So kann das Rathaus erst ab 27. November eine Ausweichroute über Köpckestraße (teils Gehweg, dann Straße) und Carolaplatz anbieten.
Verkehrsexperte Engel: "Nach den Zusagen des Oberbürgermeisters direkt nach dem Brückenzusammensturz haben wir hier mehr Tempo erwartet. Sperrung und die Schaffung der Alternativroute müssten eigentlich Hand in Hand gehen."
Die CDU kritisiert den Wegfall von je einer Autospur auf der Köpckestraße, wo es jetzt schon teils Dauerstau gebe. Es stelle sich die Frage, "wie diese wichtige Verbindungsstrecke mit den Einengungen zukünftig funktionieren soll", so Fraktionsvorsitzende Heike Ahnert (42).
Rücksicht nehmen! - Ein Kommentar von Hermann Tydecks
Die Stimmung auf Dresdens Straßen ist aus meiner Sicht in den letzten Jahren aggressiver geworden. Das betrifft Autofahrer und Radler gleichermaßen. Viele konkurrieren um den engen Verkehrsraum, anstatt gegenseitig Rücksicht zu nehmen.
Mit Einbruch der Carolabrücke haben Stau und nervenzehrende Warterei nur noch mehr zugenommen. Um Chaos im Adventsverkehr (an Wochenenden 20 Prozent mehr Autos unterwegs) abzuwenden, hat die Verwaltung jetzt gemacht, was sie machen kann: Wichtige Verkehrsadern wie Terrassenufer werden wieder geöffnet, die Wilsdruffer Straße nicht mehr durchgängig halbseitig gesperrt.
Dass ausgerechnet die Radfahrer unter dem Konzept des grünen Verkehrsbürgermeisters Stephan Kühn (45) die Leidtragenden sind, war ihm bei der Vorstellung sichtlich unangenehm. Tatsächlich brauchen Planung und Genehmigungsverfahren für die Radwege-Einrichtung auf der Neustädter Seite zu lang. Täglich fahren auch darum weiter Tausende Radler trotz Verbots über die Hauptstraße - und wer will es ihnen verübeln!? Bis zur Öffnung des Augustusmarktes sind es noch zwei Wochen.
Wer dabei aber vom Ordnungsamt erwischt wird, muss mit 25 Euro Strafe rechnen. Gezielte Kontrollen sind laut Rathaus bislang jedoch nicht geplant. Auch die Polizei will das Radler-Verbot während der normalen Streifentätigkeit kontrollieren - es sei denn, es häufen sich Beschwerden.
Und da sind wir wieder bei der gegenseitigen Rücksichtnahme. Gerade in der Weihnachtszeit sollte das doch möglich sein, damit wir alle besinnlich durch die schöne Zeit kommen!
Titelfoto: Bildmontage: Holm Helis