Zoff um das Denkmal für ermordete Box-Legende

Dresden - Einsam und verwittert steht auf dem Gelände des Festspielhauses Hellerau ein Mahnmal in Form eines Boxrings - zum Gedenken an den im Konzentrationslager ermordeten deutschen Boxer Johann "Rukeli" Trollmann (1907-1944). Schon vor fünf Jahren hatte der Stadtrat beschlossen, das Denkmal umzusetzen - passiert ist nichts.

Holger Zastrow (54, FDP, r.) und Jens Genschmar (54, Freie Wähler) kämpfen für den Umzug des Denkmals ins Ostra-Gehege.
Holger Zastrow (54, FDP, r.) und Jens Genschmar (54, Freie Wähler) kämpfen für den Umzug des Denkmals ins Ostra-Gehege.  © Eric Münch

Trollmann war einer der besten Boxer Deutschlands, wurde aber als "Zigeuner" von den Nazis verfolgt.

An sein Leben, Leiden und Sterben erinnert das Dresdner Künstlerkollektiv "Bewegung Nurr" mit ihrem Projekt "9841" (Trollmanns Häftlingsnummer), ein stilisierter eiserner Boxring auf schräger Ebene.

Seit 2012 steht das Mahnmal neben dem Festspielhaus Hellerau, bröckelt und rostet zusehends.

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Schon vor fünf Jahren hatte der Stadtrat unter Einbeziehung der Künstler beschlossen, das Mahnmal in den Sportpark Ostra umzusetzen und es wieder herzurichten. "Es findet keinerlei Beachtung am bisherigen Standort", erklärt FDP-Stadtrat Holger Zastrow (54).

Jens Genschmar (54, Freie Wähler): "Das Ostra-Gehege wäre ein würdiger und auch passender Ort, weil dort Leute Sport treiben."

Zastrow: Handeln der Stadtverwaltung "ist respektlos und nicht nachvollziehbar"

Diese Info-Tafel erinnert die furchtbaren Qualen des NS-Opfers.
Diese Info-Tafel erinnert die furchtbaren Qualen des NS-Opfers.  © Eric Münch

Allein: Passiert ist nichts! "Die Verwaltung weigert sich einfach, den Stadtratsbeschluss umzusetzen. Das ist respektlos und nicht nachvollziehbar", sagt Zastrow. "Sie lassen es einfach verrotten."

Das Rathaus verweist auf ein Schreiben der Kulturbürgermeisterin Annekatrin Klepsch (46, Linke) vom August 2021: "Derzeit ist eine Umsetzung des temporär angelegten Kunstwerks nicht durchführbar."

Für Neuplanung und Umsetzung seien 50.000 Euro zu kalkulieren, der Stadtrat hätte jedoch keinen Deckungsvorschlag gemacht, so Klepsch.

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Außerdem führt das Rathaus an, dass Festspielhauses-Intendantin Carena Schlewitt (62) das Denkmal in Hellerau behalten möchte. Bis Anfang 2024 laufe eine Forschungsarbeit über die Geschichte des Festspielhauses während der NS-Zeit.

Danach könne das Areal als Lern- und Gedenkort auch mit dem Boxer-Mahnmal ausgebaut werden, die Instandsetzung des Kunstwerks sei angestrebt.

Wer war Johann Trollmann?

Johann "Rukeli" Trollmann (1907-1944) war einer der besten deutschen Boxer, wurde im KZ ermordet.
Johann "Rukeli" Trollmann (1907-1944) war einer der besten deutschen Boxer, wurde im KZ ermordet.  © DPA/Privat

Johann Trollmann wurde 1907 als Sohn einer sinto-deutschen Familie in Gifhorn (Niedersachsen) geboren. Er wurde Profi-Boxer, wurde aber mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 als "nichtarischer" Sportler ausgegrenzt.

Er boxte sich dennoch zum Deutschen Meister, doch der Titel wurde ihm aberkannt.

Einige Monate nachdem er mit seiner Partnerin eine Tochter bekommen hatte, wurde Trollmann zwangssterilisiert. Die Verfolgung von Sinti und Roma nahm weiter zu.

Er kam ins Arbeitslager, wurde in die Wehrmacht eingezogen, 1941 an der Ostfront verwundet. 1942 wurde er aus "rassenpolitischen Gründen" entlassen. Kurz darauf wurde er ins KZ Neuengamme deportiert. Wegen seiner Boxer-Vergangenheit musste er dort mit NS-Schergen kämpfen.

Nachdem er gegen einen kriminellen Capo (Mithäftling mit Privilegien) gewann, erschlug der Besiegte Trollmann während eines Arbeitseinsatzes.

Titelfoto: Montage: Eric Münch, dpa/privat

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