Zirkus-Welt in Trauer: Ingrid Stosch-Sarrasani überraschend verstorben
Dresden - Ihr Name ist in der ganzen Zirkus-Welt bekannt - Ingrid Stosch-Sarrasani widmete ihr ganzes Leben der Manege. Als Artistin, als Direktorin und zuletzt als Grande Dame hinter den Kulissen des traditionsreichen Familienunternehmens. In der Nacht vom Mittwoch zum heutigen Donnerstag fiel für die wunderbare Prinzipalin der letzte Vorhang. Sie verstarb im Alter von 88 Jahren in Radebeul.
"Meine Mutter ist friedlich eingeschlafen. Ich habe am Abend vorm Zubettgehen noch mit ihr telefoniert und wollte am nächsten Tag wieder anrufen", sagt Sohn André Sarrasani (49).
Ingrid Stosch-Sarrasani befand sich nach einem Klinikaufenthalt in der Kurzzeitpflege. "Sie war erst bei uns zu Hause in Weinböhla. Weil ich nach zwei Jahren endlich wieder ein Großprojekt in Dänemark habe, wollten wir sie nicht allein lassen."
Ingrid Stosch-Sarrasani zog vorübergehend in die "Villa Neufriedstein 1" ein - jenes Haus, das 1938 Hans Stosch-Sarrasani junior als Wohnsitz und "Ruheheim für verdiente Sarrasani-Artisten" kaufte. Ein Zirkus-Kreis schließt sich - nach einem bewegten Leben.
Als Lasso-Artistin Coronet Cordon reiste Ingrid Wimmer seit ihrem 16. Lebensjahr mit der Cowboy-Truppe Cordon durch die ganze Welt. Ob im großen amerikanischen Circus Ringling oder im Berliner Friedrichstattpalast. Dem attraktiven Cowgirls lag nicht nur das Publikum zu Füßen - auch Sarrasani-Direktor Fritz Mey.
Er verliebte sich bei einem Gastspiel der Gordon Truppe in Ingrid - 1972 kam Sohn André zur Welt.
Ingrid Stosch-Sarrasani tourte um die Welt, bevor sie in Dresden sesshaft wurde
1978 wurde Ingrid von der in Südamerika lebenden Zirkusprinzipalin Trude Stosch-Sarrasani adoptiert, 1980 gründete sie mit Mey ihr eigenes Sarrasani-Unternehmen, das sie im Jahr 2000 an André übergab.
"Mama war für mich die beste Beraterin. Sie hat mich und meine Familie immer unterstützt. Ich habe ihr unendlich viel zu verdanken. Während ich auf der Bühne stand, hat sie meine Kinder großgezogen", trauert André Sarrasani mit Lebensgefährtin Edith und ihren Kinder Satin und Noah um seine Mutter.
Sarrasanis Zirkus-Geschichte in Deutschland und der Welt
Der Clown Hans Stosch gründet 1901 in Radebeul den Circus Sarrasani. Am 30. März 1902 feiert der Circus in Meißen Weltpremiere - als modernster seiner Zeit, mit 3600 Plätzen, elektrischer Beleuchtung und Büffet.
1912 wird das "Circus Theater der 5000" auf dem Carolaplatz in Dresden eingeweiht. Der Circus weitet sich zu einem gigantischen Unternehmen mit XXL-Fuhrpark, Werbemaschinerie und Welttourneen aus.
1923-25 tourt der Circus durch Südamerika, gastiert 1926 in London. Der Mega-Circus hat 800 Mitarbeiter, 250 Pferde, 100 Raubtiere, 27 Elefanten, zwei Riesenzelte für je 10.600 Zuschauer.
Nach der zweiten Südamerikatournee (1934-36) bleibt ein Circus in Lateinamerika, ein zweiter kehrt nach Dresden zurück. Hier wird der monumentale Circusbau 1945 beim Bombardement zerstört, der argentinische Sarrasani besteht bis 1972.
1956 gründet Fritz Mey mit Sarrasani-Tochter Hedwig den neuen, deutschen Sarrasani-Circus in Mannheim.
1980 übernimmt Ingrid Stosch-Sarrasani den Circus, übergibt ihn 2000 an ihren Sohn André. 1993 findet das erste Weihnachtsgastspiel in Dresden statt.
Titelfoto: Montage: Repro Petra Hornig, Steffen Füssel