Weihnachtskonzert bei Obdachlosen: Tröstliche Klänge für Beladene
Dresden - Partner weg, Zwangsräumung, Depression und Alkohol: Jeder der 50 Bewohner in der städtischen Obdachlosenunterkunft "An der Wetterwarte" hat die Abwärtsspirale durchgemacht, lebt mit mehr Problemen, als ein Mensch verkraften kann. Der Dresdner Kammerchor sorgte nun dafür, dass weihnachtlich-andächtige Stimmung auch die sorgenvollsten Herzen erfüllte.
Das kostbarste, was der Chor den Bewohnern schenkte, war Zeit: "Sie singen für uns, sie schauen uns an währenddessen. Vielleicht dürfen wir ja mitsingen", sagte erwartungsvoll eine Bewohnerin unter der Decke im Sessel hervor.
Über 30 Minuten vor Beginn kam auch Torsten Ludewig (53) ins Foyer, suchte sich einen Platz in Bühnennähe: "Das ist einer der Höhepunkte. Jetzt kann Weihnachten so richtig losgehen", freute sich der Bewohner.
Matthias Kruppa (67) lebt seit vier Jahren in der Einrichtung. Bereits vor dem Konzert bekundete der rüstige Rentner, er könne nicht applaudieren: "Die Pfoten sind halt kaputt."
Dafür sorgte Kruppa mit seinen Bravo-Rufen für Stimmung zwischen den rund 15 Liedern, die der Kammerchor Dresden vortrug.
Der letzte Song des Chors war "Stille Nacht" und die Bewohner durften mitsingen. Matthias Kruppa blieb danach still, grinste mit Tränen in den Augen: "Das war das Beste vom Besten", bekundete Christine Schreiber (65), die in der Nähe saß, ebenfalls sichtlich gerührt.
Aktuell sind in Dresden 343 Menschen obdachlos gemeldet. Ein Anstieg wurde in den letzten Jahren nicht verzeichnet, so ein Rathaussprecher. Gleichzeitig stellt die Landeshauptstadt 387 Plätze für Obdachlose in Wohnheimen und Wohnungen zur Verfügung. Demnach muss kein Mensch in Dresden draußen schlafen und frieren.
Titelfoto: Steffen Füssel (2)