Viele denken dabei nur an Bier oder Brücke: Doch das Waldschlößchen gibt's wirklich!
Dresden - Das Dresdner Residenzschloss oder die Elbschlösser Albrechtsberg, Lingnerschloss und Schloss Eckberg kennt wohl jeder. Doch wusstet Ihr, dass in und um Dresden weit über hundert weitere Herrscherhäuser stehen, umrankt von zahllosen Geschichten und Legenden? TAG24 hat sich auf die Spur dieser geheimnisvollen und fast vergessenen Seite Dresdens gemacht. Im letzten Teil dieser Serie geht es nun um das Waldschlößchen!

Beim Wort "Waldschlößchen" denken viele sofort an die umstrittene Brücke oder an das gleichnamige Brauhaus, das gleich daneben hoch über dem Elbhang liegt. Doch tatsächlich gibt es dieses Schlösschen wirklich.
Einst am Wald, mit unverbaubarem Blick in Richtung Altstadt erbaut, liegt das neogotische Palais heute eher verloren zwischen Verkehrsadern und Neubauten.
Therapieräume und sogar ein Patientenzimmer der "Klinik am Waldschlößchen" sind heute in dem neogotischen Bau untergebracht. Mit viel Liebe wurde das Gebäude restauriert.
Im Festsaal sind Fragmente der ursprünglichen Wandbemalung gerettet worden. Nur eine Erinnerung an die Glanzzeiten des Hauses.
Graf Camillo Marcolini (1789-1814) ließ das Palais Ende des 18. Jahrhunderts möglicherweise von Christian Friedrich Schuricht (1753-1832) oder Johann Daniel Schade (1730-98) planen, auch Gottlob Friedrich Thormeyer (1775-1842) war wahrscheinlich später am Bau beteiligt. Zweifelsfrei ist das nicht belegt.

Biersegen für Dresden: Waldschlößchen wurde 1829 zur Schankwirtschaft.

Der Italiener Marcolini, der als Silberpage am sächsischen Hof begonnen hatte, eine steile Karriere bis zum Kabinettsminister machte und außerdem Direktor der Meissener Porzellan-Manufaktur sowie der Dresdner Kunstakademie war, hatte das Gebäude als Jagdschlösschen für sich und seine Frau Maria Anna O' Kelly errichten lassen.
Umgeben war das Schloss von einem englischen Park. Dahinter schloss sich die Dresdner Heide an. So wurde das Jagdschlösschen bald zum Waldschlößchen.
Lange währte das Glück nicht: Nach dem Untergang Sachsens mit Napoleon (1769-1821) in der Völkerschlacht bei Leipzig (1813) musste auch Marcolini fliehen. Er verstarb bald darauf (1814) im Exil in Prag.
Das Waldschlößchen wurde versteigert. Doch wer weiß? Ohne diese Tragik hätte in dem lauschigen Palais vielleicht Dresdens Biersegen niemals seinen Anfang genommen.
"Kühles Blondes" wurde hier lange vor der Gründung von Dresdens erster Brauerei ausgeschenkt. Ab 1829 betrieben die damaligen Besitzer im Waldschlößchen eine Schankwirtschaft.

Waldschlößchen öffnet zum Tag des offenen Denkmals seine Türen

Der Garten war beliebt, konnte man von hier aus doch sogar bis in die Sächsische Schweiz schauen. Das war es wohl, weshalb sich 1836 14 wohlhabende Bürger zusammen taten, für 8500 Taler das Grundstück erwarben, zuerst einen Verein gründeten und bis 1838 die "Societätsbrauerei zum Waldschlößchen", eine der ersten deutschen Aktienbrauereien, errichteten.
Unterhalb der Brauerei erinnert heute der stillgelegte Gambrinus-Brunnen (1840), der das Schlösschen neben dem Bierpatron zeigt, an die Anfänge.
Mit der Jagdschlossromantik war es seit dem Bierbrauen jedoch vorbei. Das Waldschlößchen wurde mehrfach umgebaut, Mitarbeiter der Brauerei zogen dort ein. Auch die Umgebung veränderte sich.
Um 1870 wurden die Kasernen der Albertstadt gebaut, der Waldrand nach Norden verdrängt. Immerhin: 1863 hatte ein in Blasewitz gebauter Raddampfer der Sächsisch-Böhmischen Dampfschiffahrts-Gesellschaft den Namen Waldschlößchen bekommen.
Nach dem Krieg wurde das Schlösschen als zur Brauerei gehörend mit dieser zusammen enteignet zum VEB Getränkekombinat. Es verfiel zusehends. Nach der Wende und mehreren Eigentümerwechseln ersteigerte es 2009 der Leiter der benachbarten Psychiatrischen Klinik, Klaus Dilcher, und sanierte es denkmalgerecht. Zum Tag des offenen Denkmals (12. September) ist das Waldschlößchen geöffnet (10.30 bis 17 Uhr).

Mit diesem Artikel endet die TAG24-Serie "Schlösser, Burgen, Rittergüter". Wenn sie Euch gefallen hat, dann schreibt uns doch eine Mail an mopodd.lokales@dd-v.de - Fortsetzung nicht ausgeschlossen.
Titelfoto: Petra Hornig