Viele Besucher und neues Programm: Gute Laune an der Semperoper
Dresden - Wer gute Auslastungszahlen hat, macht vieles richtig, möchte man meinen. Ob das die anstehenden Entscheidungen über die freistaatlichen Finanzmittel bei akuter Geldknappheit positiv beeinflusst, ist offen. Die Laune von Intendantin und Kaufmännischem Geschäftsführer der Sächsischen Staatsoper anlässlich der Saisonvorstellung am Donnerstag war jedenfalls gut.

93,2 Prozent Auslastung habe das Opernhaus im zurückliegenden Jahr erzielt, rechnete Wolfgang Rothe, der "Kaufmännische", vor - ein Ergebnis, das nur einmal, 2007, übertroffen worden sei. Ein Erfolg, an dem auch die neue Intendantin Nora Schmid (46) ihren Anteil hat. 2024 war ein Zwei-Intendanten-Jahr, zur Jahresmitte übernahm Schmid von Vorgänger Peter Theiler. Ihre Handschrift kommt an, so scheint es: In den ersten beiden Monaten des laufenden Jahres lag die Auslastung sogar bei 99 Prozent.
Das neue Programm ist in der Mischung ungewöhnlich, weil klassisch und modern und im Ergebnis originell. Man wolle "den klangreinen Reichtum unseres Lebens auf die Bühne bringen", so Schmid: "Wir erzählen von der Leichtigkeit und der Schwere des Seins, von Geburt und Tod, von Liebe und Hass, von Kindheit und Alter, von der Suche nach der eigenen Identität und auch von der Sehnsucht nach Erlösung." Zwölf Premieren stehen an - acht in der Sparte Oper, vier im Ballett - sowie 29 Wiederaufnahmen.
Verdis "Falstaff" und Wagners "Parsifal" ragen heraus, zwei berühmte Abschiedsstücke. Beide Komponisten beschlossen damit ihr Lebenswerk. Dirigent ist beide Male der neue Chefdirigent der Staatskapelle, Daniele Gatti, der nun auch in die Sparte Oper einsteigt. "Falstaff" sei ihm ein Herzenswunsch, heißt es. "Parsifal" an der Semperoper zu dirigieren sei ihm "eine große Ehre", tat Gatti per Videobotschaft kund.
Ein Stück mit "durch und durch guter Laune und Freude"

Selten auf Opernspielplänen findet man den Italiener Nino Rota, dessen großer Name als Komponist vornehmlich mit Filmkompositionen, etwa für Federico Fellini ("Das süße Leben", "Achteinhalb", "Amarcord") und Francis Ford Coppola ("Der Pate"), verbunden ist.
Rotas Oper "Der Florentiner Hut" sei ein Stück, "das durch und durch gute Laune und Freude verbreitet", sagt die Intendantin. Die Produktion ist eine Kooperation mit der Oper Graz, Nora Schmids vorheriger Wirkungsstelle, wo sie 2024 ihre Abschiedsproduktion war.
Weitere Neuproduktionen sind die 2019 in Kopenhagen uraufgeführte Märchenoper "The Snow Queen" (Die Eiskönigin) nach Hans Christian Andersen des Dänen Hans Abrahamsen, Leonard Evers' Kinderoper "Gold!" (in Semper Zwei), Poulencs Revolutionsdrama "Dialogues des Carmélites", Bizets "Carmen" sowie Laura Kaminskys Kammeroper "As One" über die Geschichte einer trans*frau (in Semper Zwei).
Musik und Film kommen zusammen bei der Wiederaufführung des Stummfilms "Die Stadt ohne Juden" von Hans Karl Breslauer, der 1924 nach dem gleichnamigen Roman von Hugo Bettauer entstand und Pogrome an Juden zum Inhalt hat - die Komponistin Olga Neuwirth schrieb Musik für den Film, spielen wird das Ensemble Phace. Am 28. Mai 2026 steht eine einmalige Aufführung an, als Beitrag zum Jahr der Jüdischen Kultur in Sachsen.
Bleibt die Frage nach den Finanzen
Die vier Produktionen des Balletts in der Semperoper und abermals im Kleinen Haus des Staatsschauspiels sind "Parts and Pieces" von Ballettdirektor Kinsun Chan, John Crankos Choreografie "Onegin" sowie "Kolossus Kids" und "Wings and Feathers" der kanadischen Choreografin Stephanie Lake, die für drei Spielzeiten als "Artist in Residence" ans Ballett engagiert wurde.
Bleibt die Frage nach den Finanzen. "Nichts ist mehr sexy, als dass man Erfolg hat", sagt Wolfgang Rothe. Der Erfolg ist da, dennoch ist er sich sicher, dass die Semperoper Beiträge zum Sparen bringen müsse. Doch stehe der Kabinettsbeschluss zum Thema Finanzen noch aus.
So viel immerhin sei sicher, dass das kostenfreie VVO-Ticket, das mit dem Kauf eine Karte für die Semperoper verbunden ist, nicht aufrechterhalten werden könne. Ein "Wermutstropfen", so Rothe.
Titelfoto: Fotomontage: Eric Münch//dpa/Robert Michael