Star-Cellist Vogler kämpft für neues Konzerthaus: Doch Kritiker schießen von allen Seiten

Dresden - "Geht nicht" geht nicht für Jan Vogler (60), Cellist von Weltrang und Intendant der Dresdner Musikfestspiele. Der Plan, eine Richard-Wagner-Akademie zu gründen und dafür einen neuen Kulturbau ans Dresdner Königsufer zu pflanzen, ist seine ureigene Idee. Dass dies in eine Zeit der finanziellen Engpässe der öffentlichen Kassen fällt, nimmt der Leidenschaft, mit der er dafür kämpft, nichts.

Links neben dem Finanzministerium soll der Neubau entstehen.
Links neben dem Finanzministerium soll der Neubau entstehen.  © Norbert Neumann

In grober Weise ist das Projekt ausbuchstabiert. Der Neubau soll Konzertsaal (600 Plätze) enthalten, Probensaal, Workshop-, Archiv- und Seminarräume, zu nutzen für die Akademie sowie andere Kulturträger der Stadt.

OB Dirk Hilbert (52, FDP) und MP Michael Kretschmer (49, CDU) konnten Vogler für das Projekt gewinnen, woraufhin im Juni der Förderantrag gestellt wurde.

Am Mittwoch wurde dem Antrag mit 15 Millionen Euro stattgegeben. In Dresden wusste kaum einer von dem Projekt.

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Ein Stück Geheimhaltung der Beteiligten, denn die Sorge, bei vorzeitigem Bekanntwerden die Förderung zu verlieren, war groß. "Eine Förderung in dieser Höhe bedeutet riesige Wertschätzung für Dresden", sagt Vogler.

Wagner als Fixstern einer Akademie

Richard Wagner (1813-1883) in einer historischen Abbildung.
Richard Wagner (1813-1883) in einer historischen Abbildung.  © IMAGO/Heritage Images

Inspiriert wurde das Projekt vom Erfolg, den die Musikfestspiele derzeit mit ihrem Wagner-Projekt der historisch informierten Neuerarbeitung des Opernzyklus "Der Ring des Nibelungen" erfahren.

Ausgehend vom Wirken des Komponisten in Dresden, soll nun Wagner für die Stadt eine ähnliche Rolle spielen wie Bach für Leipzig.

So wäre Wagner der Fixstern einer Akademie, die als Zentrum der musikalischen Romantik weiterzuentwickeln sei.

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"Wie lässt sich die Kulturstadt Dresden weiter nach vorne bringen?", fragt Vogler. "Vielleicht sollte man das spielen, was gerade eine Möglichkeit eröffnet", ergänzt er, hinsichtlich der Millionen-Förderung vom Bund.

Antrag datiert Baubeginn auf 2026

Intendant Jan Vogler (60) plädiert für das Projekt.
Intendant Jan Vogler (60) plädiert für das Projekt.  © Robert Michael/dpa

Stadt und Land müssten etwa die gleiche Portion dazu tun, sodass das Projekt mit ungefähr 45 Millionen Euro realisiert werden könnte.

Baubeginn wäre laut Antrag 2026, Eröffnung 2029.

Die jährlichen Betriebskosten wollen die Musikfestspiele bestenfalls selbst aufbringen. Schon jetzt erwirtschafte man 80 Prozent des jährlichen Etats selbst, so Vogler.

"Wir haben der Stadt mit diesem Projekt eine Möglichkeit geschaffen. Ob sie diese nutzen will, muss die Stadt jetzt diskutieren und verhandeln."

SPD übt Kritik an OB Hilbert

OB Dirk Hilbert (52, FDP) hat seinen Entwurf für den Doppelhaushalt vorgestellt.
OB Dirk Hilbert (52, FDP) hat seinen Entwurf für den Doppelhaushalt vorgestellt.  © Petra Hornig

Ein Konzertsaal mit 600 Plätzen am Königsufer? Wie aus heiterem Himmel platzte am gestrigen Donnerstag die Fördermittel-Zusage des Bundes über 15 Millionen Euro für eine Richard-Wagner-Akademie herein.

Der Zeitpunkt könnte angesichts der Finanznot allerdings kaum schlechter sein - ob sich das Projekt realisieren lässt, ist fraglich.

Was eigentlich eine tolle Nachricht ist, sorgt in Krisenzeiten für Kopfschütteln. Ob der OB von allen guten Geistern verlassen sei, fragt etwa die SPD.

So wolle Dirk Hilbert (52, FDP) laut Haushaltsentwurf Kitas teurer machen, kein Geld fürs Elbamare bereitstellen, DVB-Angebote reduzieren.

Wohl keine Mittel für den Doppelhaushalt 2025/26 vorgesehen

Übt Kritik: SPD-Stadtrat und Ex-Finanzbürgermeister Peter Lames (59)
Übt Kritik: SPD-Stadtrat und Ex-Finanzbürgermeister Peter Lames (59)  © Thomas Türpe

Ungeklärt sei auch noch, wie der Brücken-Neubau finanziert werden soll. "Da sendet der OB das Signal, dass Dresden in Sichtweite zur zerstörten Brücke ein neues Kulturprojekt stemmen möchte", kritisiert SPD-Stadtrat und Ex-Finanzbürgermeister Peter Lames (59).

Demnach werden die Gesamtkosten für die Akademie mit Sälen für Konzerte, Chorproben und Seminarräumen auf 60 Millionen Euro geschätzt.

Bis 2028 soll gebaut werden, die Nutzung 2029 beginnen. "Wir werden uns anschauen, was im Haushaltsentwurf als Finanzierung vorgesehen ist. Steht nichts drin, dann dürfte es eine Luftnummer sein."

Nach TAG24-Informationen sind für den Doppelhaushalt 2025/2026 keine Mittel vorgesehen oder geplant.

Ob der Freistaat selbst Förder-Millionen Euro spendiert, dieselbe Summe dann noch zusätzlich für die Stadt übernimmt, darf bezweifelt werden.

Parteien äußern Unverständnis

Kulturbürgermeisterin Annekatrin Klepsch (46, Linke) spricht sich für eine "Prioritätendiskussion" aus.
Kulturbürgermeisterin Annekatrin Klepsch (46, Linke) spricht sich für eine "Prioritätendiskussion" aus.  © Petra Hornig

Die AfD spricht angesichts der Finanzprobleme und einstürzender Brücken in Dresden von einem "verspäteten Aprilscherz oder Realitätsverweigerung".

Die Grünen nennen den Zeitpunkt "ungeschickt", kritisieren wie auch BSW und CDU, dass es bislang keinerlei Informationen im Stadtrat gab und damit auch keine öffentliche Debatte.

Kulturbürgermeisterin Annekatrin Klepsch (46, Linke) fordert eine "Prioritätendiskussion, welche Investitionen und dauerhaft zu finanzierenden Einrichtungen sich die Stadt leisten kann".

Titelfoto: Montage: Norbert Neumann, Robert Michael/dpa

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