Sächsischer Holzkünstler verhilft alten Bäumen zu neuem Leben
Schleife - Eine tausendjährige Eiche aus dem Teutoburger Wald, ein uralter Olivenbaum von Korfu oder eine steinalte Linde vom ehemaligen Pücklerschen Jagdschloss: Holzkünstler Thomas Schwarz (56) aus Schleife nutzt für seine Kunstwerke nur Hölzer, die eine Geschichte erzählen können. Dafür dürfen sie ruhig auch morsch und wurmstichig sein.
Mitten im Wald, am äußersten Rand von Schleife, da, wo sich vermutlich Fuchs und Hase gute Nacht sagen, wohnt Thomas Schwarz. Mit dem alten Militärobjekt, das 2011 eigentlich abgerissen werden sollte, hat er sich eine "Oase der Kunst mitten in der Natur" geschaffen, wie er selbst beschreibt.
So wachsen in seinem Garten nicht nur verschiedene Stauden und Gräser, die er sammelt. Sondern hier hat der Forstwirt auch einige seiner Skulpturen arrangiert.
So flaniert man von "Der goldene Schnitt", einem knorrigen Olivenbaum mit metallenen Ästen, vorbei an gemaserter Robinie und pechschwarzer Mooreiche bis zur acht Meter hohen "Weltensäule", die mit einem Kran platziert werden musste. Schließlich öffnet sich daneben die Tür zum Atelier des Künstlers, der hier immer an mehreren Werken gleichzeitig arbeitet.
Auslöser für sein Hobby, das er 2018 zum Beruf machte, war der Kohlebergbau. "Die Kohle begleitet mich schon mein ganzes Leben", erzählt er. "Als Kind stand ich zum ersten Mal an einer Kohlekante und mein Vater arbeitete im Bergbau", fährt er fort.
"Mich hat immer der Zwiespalt fasziniert. Auf der einen Seite gibt die Kohle Arbeit, aber gleichzeitig zerstört sie die Heimat und Natur."
Thomas Schwarz weiß am Anfang nie, was am Ende herauskommt
Als dann 2013 der erste Pücklersche Park mit Jagdschloss, nur fünf Kilometer von Schleife entfernt, weggebaggert wurde, wollte Thomas Schwarz so viele der uralten Bäume wie möglich retten und kaufte Kronen und Bäume auf. Denn sein Herz schlägt schon seit seiner Jugend für die stillen Riesen.
"In den Ferien habe ich immer mehrere Wochen bei meinen Großeltern im Spreewald verbracht. Dort bin ich in den Urwäldern herumgestromert. Das hatte etwas Magisches", schwärmt er.
Irgendwann begann er dann, an den Hölzern, die er fand, herumzuschnitzen. Damals noch mit Taschenmesser und Schleifpapier. Heute nutzt er alle möglichen Werkzeuge, mit denen er Holz bearbeiten kann. Schwarz: "Für mich ist das wohl eine Art des Verarbeitens, indem ich den Weg in die Kunst gewählt habe."
Mehrere Hundert Skulpturen sind so in den vergangenen Jahren entstanden. "Ich arbeite immer alles aus einem Stück", beschreibt der Lausitzer. Manchmal experimentiert er zusätzlich noch mit Metall, Glas oder Fotografie. "Die meisten Kunstwerke sind aber Werke, die die Natur geschaffen hat. Meine Arbeit sollte man möglichst nicht sehen", sagt er bescheiden. Dabei weiß er am Anfang seiner Arbeit nie, was am Ende herauskommt.
"Das sind bis zu 500 Jahre alte Hölzer oder noch älter. Sie sind tonnenschwer, verwittert, haben Risse und morsche Stellen. Das birgt immer viele Überraschungen", freut sich Thomas Schwarz.
Schwarz: "Perfekte, gerade Bäume sind für mich langweilig"
Mit von der Partie sind auch fast immer kleine Holzbewohner: Würmer und Käfer, die manchmal dem Holz das gewisse Etwas verleihen. "Aber natürlich sind die auch da, wo ich sie nicht haben will."
Doch statt mit der Chemiekeule wehrt sich der Künstler mit Hitze. "Kleine Sachen kommen in den Backofen, größere nehme ich mit in die Sauna", erzählt er.
"Perfekte, gerade Bäume sind für mich langweilig. Ich suche Hölzer, die kaum noch Brennwert haben", meint er lachend. "Die Seele des Baumes ist für mich ein wichtiger Teil."
Denn für ihn seien Bäume wie Menschen. "Jeder ist individuell, mit dem Alter wird Holz meistens besser, aber bekommt eben auch seine Wehwehchen", sagt er augenzwinkernd. Und so bekommt er seine geschichtsträchtigen Bäume von Parks wie den Pücklerschen in Bad Muskau und Branitz.
Aber auch Holzhändler bieten ihm besondere Exemplare, manchmal auch exotische Hölzer an. "Da ist mir wichtig, dass die zertifiziert sind", erklärt er. Von seltenen Bäumen lasse er hingegen ganz die Finger. Mit etwa 100 Holzarten habe er bisher schon gearbeitet. "Ich mag die enorme Vielfalt, die die Natur uns bietet."
Auch giftige Hölzer wie die Schottische Eibe waren dabei. "Das waren früher die heiligen Bäume der Druiden. Sie haben etwas Mystisches", beschreibt der Sorbe, der in zahlreichen Kunstwerken auch die sorbisch-wendische Sagenwelt am Leben erhält. So kann man in der Region etliche Holz-Sagen entdecken, zum Beispiel in Trebendorf den "Plon", den Glücksdrachen, oder in Schleife die "Schlangenkrone" und die "Lutki", die kleinen Ureinwohner des Ortes.
Infos: www.der-holzkuenstler.de
Titelfoto: Montage: Holm Helis