Opernsängerin Tanja Kuhn nimmt Corona-Krise mit Humor: "Proben ist das neue Auftreten!"

Dresden - Wohl dem, der im Festengagement ist. Das gilt mehr denn je in Corona-Zeiten. Wer als Künstler angestellt ist an einem Theater, ist arbeitsrechtlich geschützt und hat Einkommen, wenn auch vielleicht aus Kurzarbeit. Wer freischaffend unterwegs ist, hat es ungleich schwerer. Tanja Kuhn ist solch eine freischaffende Opernsängerin und trotzdem guter Dinge. Wie macht sie das?

Tanja Kuhn vergangene Woche auf dem Theaterplatz in Dresden.
Tanja Kuhn vergangene Woche auf dem Theaterplatz in Dresden.  © Thomas Türpe

Sänger wie Schauspieler wollen auf die Bühne, sich zeigen, vor Publikum auftreten, in glückliche Gesichter sehen, Applaus erhalten. Von alldem ist nichts zurzeit oder doch zumindest wenig möglich.

In vielen Theatern und Opernhäusern wird gearbeitet, das heißt auch geprobt, nur kommt es eben nicht zur Vorstellung. "Ich singe und weiß, dass es keine Premiere geben wird", sagt sie. Doch sei das besser, als nichts zu tun, allein deswegen, weil Stimme und Körper in Form gehalten werden müssen.

Die Sopranistin: "Wenn es irgendwann wieder losgeht, muss ich in guter Verfassung sein." Auch für die Theater sind Probenphasen wichtig. Wenn es zum Neustart kommt, muss man sich auf fertige Produktionen verlassen können.

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Kuhn stammt aus Heidelberg, seit dem Frühjahr lebt sie in Radebeul, nahe Dresden. Zuletzt war sie an der Danish National Opera in Aarhus in einem Festengagement, seit einiger Zeit arbeitet sie freischaffend.

"Ich habe in vielen Städten gewohnt", sagt sie. "Nun war ich zum ersten Mal völlig frei zu entscheiden, wo mein Wohnort sein soll." Die Wahl fiel auf Dresden. Warum? Weil sie hier viele Freunde habe, sagt sie. Aber da ist noch mehr: "Ich bin aus Liebe zur Stadt nach Dresden gekommen. Ich habe mich noch nie irgendwo so wohlgefühlt."

"Ich bin eine von denen, die angerufen werden, wenn's brennt"

Die Sopranistin auf der Bühne in Riccardo Zandonais „Giulietta e Romeo“ am Staatstheater Braunschweig.
Die Sopranistin auf der Bühne in Riccardo Zandonais „Giulietta e Romeo“ am Staatstheater Braunschweig.  © Volker Beinhorn

Im Dresdner oder Radebeuler Musikleben ist Tanja Kuhn noch nicht verankert, künstlerisch lebt sie aus dem Koffer. Häufig wird sie als Einspringerin gebucht, wenn an irgendeinem Theater eine Stammkraft ausfällt.

"Ich bin eine von denen, die angerufen werden, wenn's brennt", sagt sie. Vor gut zwei Wochen war das in Cottbus der Fall, wo sie in der Endprobenphase von Bizets "Carmen" kurzfristig die Rolle des Bauernmädchens Micaëla übernahm. "Ich hätte auch die Premiere singen sollen", bedauert sie. Abgesagt. Nicht anders das zeitlich darauf folgende Gastspiel in Strauß' "Wiener Blut" in Hof.

Tanja Kuhn tut, was nicht jedem gelingt: Sie nimmt es mit Humor. "Proben ist das neue Auftreten", witzelt sie. Und hat gleich noch eine Metapher parat: "Das ist wie ein Rennen ohne Zieleinlauf."

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Wirtschaftlich könnt's wohl besser laufen für sie. Allein im Dezember entgehe ihr eine fünfstellige Summe, sagt sie. Unmittelbar bedrohlich sei es aber nicht. Kuhn: "Ich habe das große Glück, dass viele Theater, mit denen ich Verträge hatte, so kulant sind, mir ein Teil meiner Gage auszuzahlen."

Auf Dauer in dieser Situation verharren möchte sie freilich nicht. In Cottbus soll sie kommendes Jahr die Senta in Wagners "Der fliegende Holländer" singen und die Titelrolle in "Salome" von Richard Strauss, später in Peking die Freia in Wagners "Der Ring des Nibelungen".

Tanja Kuhn: "Natürlich kann ich es kaum erwarten, dass ich wieder richtig arbeiten kann." Wann das sein wird, bleibt vorerst offen.

Titelfoto: Bildmontage: Petra Hornig, Thomas Türpe

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