Hängepartie um SKD-Generaldirektorin Marion Ackermann

Dresden - Vergangene Woche besetzte der Freistaat Sachsen bei den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) eine hohe Führungsposition neu. In Nachfolge von Dirk Burghardt, der ins Kunstministerium wechselt, wird Claudia Rabeneck neue kaufmännische Direktorin des Museumsverbunds.

SKD-Generalin Marion Ackermann (59) bei der Eröffnung einer Ausstellung.
SKD-Generalin Marion Ackermann (59) bei der Eröffnung einer Ausstellung.  © Eric Münch

Weiter offen ist die Entscheidung um die höchste Führungsposition. Generaldirektorin Marion Ackermann (59) - bleibt sie oder nicht?

Ein übliches Verfahren in der Besetzung von Spitzenpositionen bei Kulturinstitutionen ist, Verträge so rechtzeitig vor Vertragsende zu verhandeln, dass alle Optionen - die Verlängerung eines Vertrages, seine Nichtverlängerung, die eventuelle Neubesetzung der Position - den reibungslosen Weiterbetrieb oder Übergang gewährleisten.

Meist sind Personalfragen für Spitzenpositionen dieser Art etwa ein Jahr oder gar einige Jahre vorher geklärt.

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Ackermanns 2016 begonnener Vertrag endet am 31. Oktober dieses Jahres, doch noch immer ist nicht sicher, wie es weitergeht. Indizien, sie wolle ihre Arbeit in Dresden fortsetzen, gibt es, darunter Interview-Äußerungen bei TAG24.

Dagegen sprechen seit einiger Zeit Kontakte zu anderen Institutionen oder Andeutungen aus dem Buschfunk der Branche, Ackermann wolle lieber Direktorin des Kunsthistorischen Museums (KHM) in Wien sein oder neue Präsidentin der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) in Berlin, deren Beirats-Mitglied sie als SKD-Generalin ist.

Die Position in Wien ab Januar 2025, wo Ackermann zu den Kandidatinnen gehörte, ist entschieden, sie wird anderweitig besetzt. In Berlin ist die Nachfolge des seit 2008 amtierenden SPK-Präsidenten Hermann Parzinger (65) unklar.

Abhängig vom Ausgang der Landtagswahlen?

Ackermanns vertrag endet am 31. Oktober 2024.
Ackermanns vertrag endet am 31. Oktober 2024.  © Holm Helis

Auch in Dresden ist die Situation in einem für das gewohnte Vorgehen des Freistaats in Sachen Personalpolitik bei Kulturinstitutionen untypischen Schwebezustand. Will Ackermann ihren Vertrag bei den SKD verlängern oder nicht? Will der Freistaat Sachsen sie im Amt halten oder nicht? Was ist der Grund, dass die Entscheidung so weit hinausgezögert wird?

Wer in die Kunstszene hineinhört, wird mit Spekulationen konfrontiert, etwa jener, dass die Generaldirektorin die Fortsetzung ihres Vertrags abhängig machen könnte vom Ausgang der Landtagswahlen am 1. September, so von der Frage, ob die Regierungsbildung ohne Einflussnahme der AfD möglich sein wird.

Immer wieder hatte die AfD in den zurückliegenden Jahren gegen die Generaldirektorin Position bezogen und ihr das Leben schwer gemacht, zum Beispiel bei der vom Postkolonialismus beeinflussten Neubenennung von Kunstwerken im Grünen Gewölbe.

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Überhaupt blieb die Arbeit der Generaldirektorin in den zurückliegenden Jahren nicht unumstritten: Der sogenannte Bilderstreit über den Umgang der SKD mit Werken der Ostmoderne, die Folgen des Einbruchs ins Grüne Gewölbe und der gescheiterte Versuch samt anschließender Rüge des Sächsischen Rechnungshofs, gestohlene Juwelen von einem windigen Diamantenhändler gegen Geldzahlung zurückzubekommen, sind die diesbezüglich hinlänglich bekannten Stichworte. Der Freistaat hielt ihr dabei stets den Rücken frei.

TAG24 hakte im Kunstministerium und bei der Generaldirektorin nach

Das sächsische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst.
Das sächsische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst.  © Ove Landgraf

Wir fragten nach, im Kunstministerium und bei der Generaldirektorin: Wird die Vertragsverlängerung davon abhängig gemacht, dass die AfD nicht die Landtagswahl gewinnt, die Regierungsgeschäfte übernimmt, in die Regierung eintritt oder die Regierungsbildung beeinträchtigt?

Die Antwort aus dem Kunstministerium, von der Generaldirektion der SKD bestätigt, ist knapp. Sie lautet: "Nein." Weiter fragten wir, ob ein neuer Vertrag zwischen Freistaat oder Generaldirektorin ausverhandelt sei. Die Antwort: "Ja." Ob der Vertrag schon unterschrieben worden sei: "Nein." Warum der Vertrag noch nicht unterschrieben worden sei?

Antwort: "Es ist geplant, dass die aktuell amtierende Staatsregierung die Vertragsverlängerung nach der Sommerpause zur Kenntnis nehmen soll." Heißt nach der Sommerpause noch vor der Wahl oder danach? An anderer Stelle ist uns gegenüber von September die Rede. Also: nach der Wahl.

Warum Sommerpause und Landtagswahl vorbei sein müssen, um die ausgehandelte Vertragsverlängerung in Kraft zu setzen und zu verkünden, bleibt im Ungefähren.

Denkbar ist, dass die Staatsregierung die Vertragsunterzeichnung bewusst auf die Zeit nach der Landtagswahl verschiebt, um im Wahlkampf der AfD-Opposition gegen die aus deren Sicht lästige, weil angeblich woke Generaldirektorin kein Agitationsthema zuzuspielen.

Unsicherheit bleibt

In Berlin ist die Nachfolge des amtierenden SPK-Präsidenten Hermann Parzinger (65) unklar.
In Berlin ist die Nachfolge des amtierenden SPK-Präsidenten Hermann Parzinger (65) unklar.  © dpa/Monika Skolimowska

Offen bleibt auch die Frage, ob die Berliner Option für Ackermann angesichts des ausgehandelten Vertrags in Dresden eine solche ist oder bleibt.

Wir fragten: Wäre der Freistaat Sachsen, der, wie alle Bundesländer, zum Stiftungsrat der Stiftung Preußischer Kulturbesitz gehört, bereit, Ackermann darin zu unterstützen, die Präsidentschaft der SPK in Nachfolge von Hermann Parzinger statt der SKD-Leitung zu übernehmen?

Die Antwort aus dem Kunstministerium ist ohne konkrete Aussage: "Der Stiftungsrat der SPK hat eine Findungskommission zur Nachfolge von Herrn Professor Parzinger eingerichtet, die bis Frühjahr kommenden Jahres gebeten wurde, eine geeignete Nachfolge zu benennen. Diese Findungskommission arbeitet unabhängig."

Ob sie für die Position bei der SPK zur Verfügung stünde, fragten wir Marion Ackermann. "Frau Ackermann konzentriert sich ganz auf ihre bevorstehenden Aufgaben in den SKD", heißt es aus der Generaldirektion. Bevorstehende Aufgaben bis zum Ende des laufenden Vertrags oder darüber hinaus, mit neuem Vertrag? Diese wie jene Deutung ist möglich.

Dass der Freistaat nach allem, was man weiß, nicht offen nach einer Nachfolge Ackermanns in der Generaldirektion sucht, mag man als Zeichen werten, dass hinter verschlossenen Türen ihr Verbleiben feststeht, die Generaldirektorin sich selbst im Amte nachfolgen wird. Dass in Dresden die Würfel gefallen sein müssen, bevor möglicherweise im Frühjahr in Berlin entschieden wird, spricht auch dafür. Dennoch bleibt Unsicherheit.

Titelfoto: Eric Münch

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