Proben für "Roboter.Sinfonie" in Dresden - "Wir wollen den Menschen nicht ersetzen"
Dresden - Seit 25 Jahren haben sich die Dresdner Sinfoniker weltweit einen Namen mit außergewöhnlichen Projekten im Bereich der zeitgenössischen Musik gemacht. Zum Jubiläum betritt das Ensemble einmal mehr Neuland und wird sich von einem Roboter dirigieren lassen. Nach der "Tüftelei" am Exzellenscluster CeTI (Centre for Tactile Internet with Human-in-the-Loop) der TU Dresden beginnen jetzt die Proben mit dem Orchester für die Weltpremiere im Festspielhaus Hellerau.
Die Idee ist so alt wie die Dresdner Sinfoniker selbst.
Vor mehr als 20 Jahren hatte das Orchester eine Komposition am Staatsschauspiel aufgeführt, die für Menschen kaum spielbar war. Der damalige Dirigent Michael Helmrath hätte ausgerufen: "Ich bin doch kein Roboter!"
Rindt heute: "Da kam die Idee, es müsste ein dirigierender Roboter vor dem Orchester stehen." Allein: Das war damals eine verwegene Vorstellung, reine Utopie - die Technik war noch nicht so weit wie heute.
Rindt: "Um so mehr freuen wir uns, dass wir uns zu unserem Jubiläum den "Kindheitstraum" mit der "Roboter.Sinfonie" erfüllen können.
Der Teufel steckt im Detail
Dafür konnte der Chef-Sinfoniker die Spezialisten des CeTI der TU Dresden gewinnen.
Deren Sprecher Professor Frank Fitzek: "Die erste Reaktion war sofort: Das müssen wir jetzt machen."
Die Kooperation zwischen Menschen und Robotern sei Kern der Forschung am CeTI. Die Vision dabei ist eine aktive Zusammenarbeit, in der Roboter Menschen unterstützen und menschliche Fähigkeiten auf Robotik übertragen werden.
Für das Sinfoniker-Projekt aber durchaus eine Herausforderung. Fitzek: "Es klang einfach, aber der Teufel steckt im Detail."
Es habe viele Anläufe gebraucht, um dem Roboter das Dirigieren "beizubringen". Jetzt haben die Proben mit den Musikern des Orchesters begonnen.
Man habe nun einen Roboter mit drei Dirigier-Armen. Das sei extrem schwierig, so Rindt. "Die Musiker müssen auf drei Taktstöcke achten, jeweils auf einen, nie den anderen. Da man muss man extrem gut gucken." Denn der kollaborative Roboter gebe keine Rückkopplung.
Roboterhund Spot übergab den Förderbescheid
Das sei komplex, mache aber Dinge möglich, die ein Mensch nicht könne.
Etwa die Komposition "#kreuzknoten" von Wieland Reissmann, in denen sich überkreuzende Tempi geleitet werden müssen - ein Teil wird schneller, der andere wird langsamer. Rindt: "Das ist für einen menschlichen Dirigenten nahezu unmöglich zu meistern."
In einer weiteren Uraufführung, "Semiconductor's Masterpiece", kommen drei Roboterarme voneinander unabhängig dirigerend zum Einsatz.
Es geht sicherlich auch um aktuelle gesellschaftliche Fragen: Wie verändern moderne Technologien die Kunst? Kann ein Roboter menschliche Interpretation ersetzen? Und werden wir die Kontrolle behalten?
Rindt dazu: "Wir wollen auf keinen Fall den Menschen ersetzen. Er wird immer besser sein, als ein Roboter."
Die Sinfoniker brächten rund 170.000 Euro auf, die TU ein vielfaches. Ohne die Förderung der Ostsächsischen Sparkassenstiftung hätte es das Projekt laut Rindt "definitiv nicht gegeben".
Der Roboterhund Spot übergab am Donnerstag den Förderbescheid. Er spielt im von der Sparkasse angeregten Vermittlungsprojekt "Spot Me" eine Rolle, für das Schüler des Gymnasiums Johannstadt mit Spot eine Tanzperfomance für den Film "Spot Me" inszeniert haben, der zwischen den zwei Konzerten am 12. und 13. Oktober gezeigt werden wird.
Damit eröffnet die "Roboter.Sinfonie" die Hybrid Biennale in Hellerau. Für deren Programmleiter Moritz Lobeck ist es ein Zusammentreffen der Strahlkraft von Sinfonikern und dem Europäischen Zentrum der Künste. Lobeck: "Während in Dresden über Originalklänge diskutiert wird, legen wir den Blick auf den Originalklang der Gegenwart, vielleicht auch den der Zukunft."
Titelfoto: Montage: Holm Helis, Robert Michael/dpa