Dresdens Problem mit der Erinnerungskultur: Neue Skulptur soll ein Zeichen setzen

Dresden - Dresden tut sich schwer mit seiner Erinnerungskultur und seinem Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus und Weltkrieges. Auch im Kontext seiner eigenen Rolle innerhalb des NS-Regimes sowie seiner Zerstörung durch alliierte Kräfte vor 80 Jahren. Auf dem Heidefriedhof wurde jetzt eine Gedenkstätte mit einer Skulptur ergänzt, die sich gegen Dresdens "Opfer-Mythos" richtet.

Diese orange "Splitter-Skulptur" auf der Stele "Dresden" kontextualisiert die Gedenkstätte auf dem Heidefriedhof, richtet sich gegen den Opfer-Mythos.
Diese orange "Splitter-Skulptur" auf der Stele "Dresden" kontextualisiert die Gedenkstätte auf dem Heidefriedhof, richtet sich gegen den Opfer-Mythos.  © Thomas Türpe

Erinnerungskultur kann - je nach Epoche - sehr unterschiedlich ausfallen. "Schon kurz nach der Zerstörung der Dresdner Innenstadt wurde mit der Instrumentalisierung dieses Ereignisses begonnen.

Was noch während des untergehenden NS-Regimes mit Übertreibungen, Fälschungen und Schuldabwehr begann, wurde in der DDR fortgesetzt – die Erzählung von Dresden als einem unschuldigen Opfer war auch während des Kalten Krieges und danach nützlich", erklärt die Beigeordnete Eva Jähnigen (59, Grüne).

Dabei gab es hier die erste Bücherverbrennung, Juden-Deportationen, Rüstungsindustrie.

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Auch auf dem Heidefriedhof wurde 1965 eine Gedenkanlage mit einem Rondell gebaut, welche die heute bekannte Rolle Dresdens verharmlost.

So stehen auf der einen Seite Stelen mit den Namen von Konzentrationslagern.

Eva Jähnigen (59, Grüne) ist als Beigeordnete auch Chefin des Dresdner Friedhofswesens.
Eva Jähnigen (59, Grüne) ist als Beigeordnete auch Chefin des Dresdner Friedhofswesens.  © Adriana Ferraz, Ralf Seegers, Thomas Türpe, imago images/photothek

Der Heidefriedhof hat eine neue Splitter-Skulptur

Hier tut sich nichts: Eigentlich sollte schon vergangenen September ein Konzept zur Neugestaltung der Erinnerungsstelle auf dem Altmarkt vorgestellt werden.
Hier tut sich nichts: Eigentlich sollte schon vergangenen September ein Konzept zur Neugestaltung der Erinnerungsstelle auf dem Altmarkt vorgestellt werden.  © Norbert Neumann

Auf der anderen Seite Orte, die Ziele deutscher Bombardierungen oder Massaker waren, wie etwa Coventry, Warschau, Leningrad.

Und Dresden - was die Stadt mit Stätten nationalsozialistischer Kriegsverbrechen gleichgesetzt.

Das ist nun vorbei: Jetzt wurde eine orange "Splitter-Skulptur" eingeweiht (Projektkosten gut 10.000 Euro), auf der ein Text angebracht ist, der diese Verharmlosung einordnet. "Sie soll auffallen und neugierig machen", sagt Künstler Jochem Hendricks (65), der sie zusammen mit Architekt Florian Götze (45) entwickelt, damit den von der Stadt ausgelobten Ideenwettbewerb "Gedenkareal Dresdner Norden" gewonnen hatte.

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Laut Kulturbürgermeisterin Annekatrin Klepsch (47, Linke) sollen weitere Splitter installiert werden am Ostflügel des heutigen Festspielhauses Hellerau (diente als NS-Schulgebäude) und dem Gelände des ehemaligen Zwangsarbeitslagers Hellerberge. Nach und nach sollen so Opfer- und Täterorte kontextualisiert werden.

Nichts getan hat sich dagegen auf dem Altmarkt, obwohl der Stadtrat das nach dem skandalösen Wegflexen der steinernen Erinnerungsschrift im Februar vergangenen Jahres beschlossen hatte. Der danach ins Leben gerufene Beirat sei "noch nicht am Ende der Diskussion", begründete Klepsch. Außerdem fehle es an Geldern.

"Für Kontextualisierungen auch in Randbezirken finden sich Ressourcen, aber der zentrale Erinnerungsort am Altmarkt wird durch die Verwaltung immer stiefmütterlich behandelt und vernachlässigt", kritisierte Stadtrat Mario Schmidt (49, CDU).

Titelfoto: Thomas Türpe

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