Zum Geburtstag eine Verabredung mit Gott: Friedrich-Wilhelm Junge wird 85 Jahre alt

Dresden - 85 Jahre alt zu werden sei kein Verdienst, das passiere einem oder nicht. Der das sagt, feiert am heutigen Samstag Geburtstag, eben den fünfundachtzigsten. Friedrich-Wilhelm Junge, von seinen Freunden und allen, die sich ihm nah fühlen, liebevoll "Fiete" genannt.

Friedrich-Wilhelm "Fiete" Junge (85) in Axel Hackes "Die Tage, die ich mit Gott verbrachte".
Friedrich-Wilhelm "Fiete" Junge (85) in Axel Hackes "Die Tage, die ich mit Gott verbrachte".  © Carsten Nüssler

Verdienst ist ein hohes Alter wohl nicht, aber doch bemerkenswert, was daran liegen wird, dass nur wenige ein so hohes Alter erreichen. Ein fünfunddreißigster Geburtstag, wen interessiert das? Ein fünfundachtzigster, da schaut man hin!

In Junges Umfeld sind die Altersgenossen rar geworden. "Viele sind verstorben, anderen geht es nicht gut", weiß er. Bei ihm sind es die Knie, die seien im Eimer, ihn auf der Treppe anzuschauen, sei unansehnlich, sagt er, treppauf, treppab gehe bei ihm nur mithilfe einer Ibuprofen. Und sonst? Könne er nicht klagen.

Junge, der gebürtige Schweriner, wohnhaft in Radebeul: Als Schauspieler, Gründer und langjähriger Leiter des Dresdner Brettls gehört er seit Jahrzehnten zu den schillerndsten Persönlichkeiten des Dresdner Kulturlebens.

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Ein bisschen ruhiger ist es geworden um ihn in den zurückliegenden Jahren, aber keinesfalls still. Die Kunst, der Bühnenauftritt bleiben sein Lebenselixier.

Für den Begriff "Hobby" hat er keine Sympathie und schon gar keinen Inhalt. "Die Kunst, die Literatur, das ist so viel", sinniert er, "da ist kein Platz für anderes."

Friedrich-Wilhelm Junge und der Theaterkahn: Eine fast 30-jährige Erfolgsgeschichte

Bereits vor fast 20 Jahren gab Friedrich-Wilhelm Junge (85) den Chefposten des Theaterkahns auf - aktiv ist er dort aber immer noch. (Archivfoto)
Bereits vor fast 20 Jahren gab Friedrich-Wilhelm Junge (85) den Chefposten des Theaterkahns auf - aktiv ist er dort aber immer noch. (Archivfoto)  © Thomas Türpe

Junge macht einfach immer weiter. Er spielt Theater, etwa auf umliegenden Weingütern. Sein künstlerisches Zuhause bleibt der Theaterkahn.

Er selbst brachte das Bühnenschiff 1994 auf Kurs. Bis 2005 war er dort Chef. Inzwischen ist sein Nachnachfolger im Amt, doch gehört Junge weiter zu den Hauptattraktionen an Bord.

Literarische Abende sind die Spezialität. Gerade bereitet er, der Thomas-Mann-Verehrer, ein Programm zu "Dr. Faustus" vor. Auf dem Kahn ist er mit drei Programmen im Repertoire vertreten, nämlich Robert Seethalers "Das Feld", Dostojewskis "Großinquisitor" und neuerdings Axel Hackes "Die Tage, die ich mit Gott verbrachte".

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In den drei Stücken geht es um Existenzielles - morbide, wenn die Toten eines Dorfes sich zu Worte melden, zynisch, wenn der Großinquisitor dem wiedergekehrten Jesus Christus auseinandersetzt, dass der die Geschäfte der Kirche stört, humorvoll, wenn der Erzähler den an seiner Schöpfung zweifelnden Gottvater zum Palaver am Altglascontainer trifft.

Junges Beschäftigung mit Religion ist nicht von Religiosität bestimmt. Er glaube nicht an Gott, nicht an den Teufel, sagt er entschieden: "Das ist eine Erfindung des menschlichen Geistes." Das Gute auf der Welt und das Übel, beides liege in der alleinigen Verantwortung des Menschen, davon ist er überzeugt.

Auch an seinem Geburtstag spielt "Fiete" Junge auf dem Theaterkahn

Seit er verwitwet ist, lebt Junge allein und lebt doch nicht allein, wenn man ihm seinen Kater Jakob zurechnet. Ein schwarzes Tier, mit weißem Oberlippenbart, weißer Weste und weißen Kniestrümpfen, so beschreibt er den putzigen Hausgenossen. Katzenfreund ist er immer gewesen.

Am heutigen Geburtstagsabend wird Jakob des menschlichen Mitbewohners kaum ansichtig werden, denn der spielt Theater.

"Entweder spiele ich am Geburtstag oder ich bin weg, auf Reisen", sagt Junge, der seine Lebensjahre nicht gerne herausgestellt sieht. Mit dieser Vorstellung des Hacke-Programms endet zugleich die Spielzeit auf dem Theaterkahn.

Zum Geburtstag auf der Bühne Seite an Seite mit Gott. Das lässt sich auch für einen Ungläubigen wie Friedrich-Wilhelm Junge durch nichts übertreffen.

Titelfoto: Carsten Nüssler

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