Nadelstiche gegen den Schmerz: Dieses Tattoo kann Trauernden helfen
Dresden - Vor 19 Monaten nahm Mike Eismann (52) Abschied von seiner schwer kranken Tochter Tina (†15). Sie starb an Knochenkrebs. Kurz zuvor ließ er sich ihr Porträt unter die Haut stechen - als bleibende Erinnerung und auch ein wenig Trost im Schmerz.
"Trauertattoo" nennt sich diese Form der Trauerverarbeitung. "Die ersten zwei Jahre sind die schwersten. Früher gab es das Jahr in Schwarz, heute lassen sich viele Trauernde ein Tattoo stechen", beobachtet der Psychologe Remo Kamm-Thonwart (38), der für den Verein "Sonnenstrahl" verwaiste Eltern begleitet.
Wie die Trauer bleibt ein Tattoo ewig. Außerdem hat die Körperlichkeit von Tattoos - im Alltag Namen, Gesicht oder Handabdruck eines geliebten Menschen berühren oder zwischendurch ansehen zu können - einen besonderen Reiz.
Auch auf Mike, der sich eigentlich nie tätowieren lassen wollte. "Am 30. Dezember 2021 bekamen wir die Nachricht, dass Tina nur noch wenige Monate zum Leben bleiben würden.
Ihre Worte 'Ich habe Angst, dass ich vergessen werde' haben mir damals den Anreiz gegeben", erinnert sich der verwaiste Vater.
Mutter Silke geht anders mit der Trauer um
Im Mai 2022 wurde das Porträt fertiggestellt, ein Bild von Tinas Jugendweihe als Vorlage. "Sie strahlte über das Endergebnis", erzählen ihre Eltern. Drei Monate später starb das Mädchen, das gerne Innenarchitektur studiert hätte.
Mutter Silke (49) geht anders mit der Trauer um als ihr Mann, trägt lieber Trauerschmuck gut sichtbar am Hals. "Aber auch ich zehre von dem Tattoo. Wenn ich mit meinem Mann zusammen bin, haben wir Tina immer mit im Gepäck", lächelt sie.
Wer sich für das Thema "Trauertattoo" interessiert, hat bis zum 30. April die Gelegenheit, die Wanderausstellung "Trauertattoo - unsere Haut als Gefühlslandschaft" in den Räumen des Riesa efau Dresden (Wachsbleichstraße 4a, 01067 Dresden) zu sehen.
18 Hinterbliebenen-Schicksale werden dort vorgestellt. Eintritt ist frei.
Titelfoto: Bildmontage: Eric Münch