Sechs-Generationen-Bäcker: Die alten Meister von Eschdorf
Dresden - Goldene Briefe für alte Meister: Anfang vergangener Woche erhielten 72 Männer und Frauen die Ehrenurkunden für stolze 50 Jahre Handwerksmeister-sein. Siegmar Hübner (71) ist einer von ihnen. TAG24 erzählte er die Geschichte seiner nunmehr Sechs-Generationen-Bäckerei aus Eschdorf.

Und die geht bis ins 19. Jahrhundert zurück: 1887 gründete Siegmars Ur-Opa Karl-August Hübner die Bäckerei, die über Opa Kurt und Vater Erich 1975 schließlich an Siegmar übergeben wurde.
Hübner junior hat 1973 seinen Meister gemacht, ging danach drei Jahre zur NVA. Noch am Tag seiner Rückkehr - es war der 1. November - stand er in der Backstube. Das Geschäft lief gut - bis zur Wende.
"Wir hatten zwei Lehrlinge und keine Arbeit", erinnert sich Siegmar. "Das war eine schlimme Zeit", sagt seine Frau Traude (71). Sie hatte eigentlich Kindergärtnerin gelernt, wurde aber früh zur "mithelfenden Ehefrau".
Um zu überleben, bauten sie ihren QEK zum Verkaufswagen um. Aus der Tür des Wohnwagens und vom Tapeziertisch aus verkauften sie etwa an der ehemaligen Modrow-Kaufhalle in der Dresdner Johannstadt ihre Backwaren - und entdeckten das Händlerleben für sich.
1992 erweiterten sie den Fuhrpark, verkaufen seitdem auch auf dem Markt an der Lingnerallee.

Teuerung macht dem Familienunternehmen zu schaffen

Doch auch die Bäckereien liefen. So gut, dass sie 1996 ein Café am Schloss Schönfeld übernahmen, drei Jahre später kam ein Eiscafé in Weißig hinzu. Seit 2006 verkaufen sie in der Saison "von O bis O" Eis am Schiffsanleger in Rathen.
Heute hat das Backhaus knapp 20 Mitarbeiter, vier davon sind Lehrlinge. Susanne aus der Backstube kam 1990 im Alter von 15 dazu und ist heute noch da. Seit 2012 nennt sie Siegmars Sohn Olric (48) und seine Schwester Mandy Scholz (43) ihre Chefs. Letztere hat einen Bäcker aus Pirna geheiratet.
"So wie's heute ist, ist es genau richtig", sagt Mandy. Auch das Familienunternehmen hat mit den Preisexplosionen zu kämpfen. Das Gas, was ihre Öfen betreibt, ist heute dreimal teurer als noch vorm Ukraine-Krieg.
Für Mandy kein Grund für Pessimismus: "Laufen lassen", scherzt die sympathische 43-Jährige.
Die Zukunft scheint ohnehin gesichert: Olrics Sohn Alfred (15) guckt sich gerade nach Lehrstellen um, will den Traditionsbetrieb später mal übernehmen.

"Seine Sporen muss er sich woanders verdienen", sagt Siegmar. "Aber wenn er in vier Jahren noch will, mich würde es glücklich machen."
Titelfoto: Steffen Füssel