"Dark Tenor": Ex-Kruzianer zeigt erstmals sein Gesicht
Berlin/Dresden - Beim Dresdner Kreuzchor hat der gebürtige US-Amerikaner Billy Andrews das Singen gelernt, als namenloser "Dark Tenor" mit dunkler Kapuze kombinierte er dann auf der Bühne Klassik mit düsterem Rock. Für sein neues Projekt "Ludwig" zeigt der Opernsänger nun sein Gesicht.
So überraschend sei dieser Schritt gar nicht. Der Crossover-Künstler: "Das war sehr lange geplant. Von Tag eins an haben wir ja über alle Alben hinweg die Geschichte eines fiktiven Charakters erzählt."
Er wollte schließlich nie nur irgendein neuer Tenor sein, nicht einfach nur die dunkle Version von Adoro, sondern auch Geschichtenerzähler. Wichtig dabei: ein neuer, innovativer Blick auf die Klassik und ihre Inszenierung.
Andrews: "Die finale Demaskierung der Person 'The Dark Tenor' gehörte immer schon zum Konzept dazu."
Nun hat Andrews die EP "Ludwig" veröffentlicht, Auftakt einer Trilogie. Platten über Mozart und Bach werden folgen.
Warum gerade diese drei? Der Sänger: "Mit Beethoven starten wir natürlich, weil 2020 das Beethoven-Jahr ist.
Er ist einer der größten Vorwärtsdenker in der Musik. Ich verehre ihn! Mozart musste dabei sein, weil er immer für mich jemand wie ein Justin Bieber der Wiener Klassik war."
Und Bach begleite ihn ohnehin seit seinen Jahren beim Dresdner Kreuzchor.
Billy Andrews ist angetreten, um "Klassik aus der elitären Ecke herauszuholen"
Auf den Alben nennt Andrews die Komponisten beim Vornamen. Man solle vor ihnen nicht in Ehrfurcht erstarren: "Ich bin ja angetreten, um die Klassik aus der elitären Ecke herauszuholen." Zumal die Genies alles etwas Heutiges hätten: "Sie waren in ihrer Zeit aufregende, einzigartige Typen.
Das will ich – neben der Musik an sich – zeigen. Mozart war immer der Popper, ein Stück weit auch Punk. Bach empfand ich immer als Klassik-Rocker. Und in den Kompositionen von Beethoven steckt die Dramaturgie eines Heavy-Metallers. Sie alle haben zu ihrer Zeit ihre Attitüde durchgezogen. Das bewundere ich."
Auffallend: Auf "Ludwig" fehlt der so typische Rock-Bombast. Andrews interpretiert Klassiker wie "Für Elise" sehr reduziert, dazu gibt es die Neukompositionen "Out of the Darkness" und "Unforgettable" - Pop-Balladen meets Classic. "Ich hoffe, damit Menschen zu erreichen, die vielleicht nicht so viel mit Klassik zu tun haben." Ein Schritt zurück zu seinen Klassik-Ursprüngen sei diese Produktion, sagt Andrews, die aber auch zeige, wo das "Dark Tenor"-Projekt jetzt stehe.
Absichtlich auch so konzipiert, um zur "Acoustic Heartbeat"-Tour zu passen, mit der Andrews im April und Mai in Kirchen spielen wollte. Auftrittsorte, die er als Ex-Kruzianer gut kennt. "Es sollte eine Zeitreise in meine eigene Vergangenheit sein", so Andrews, den es deshalb um so schmerzlicher trifft, dass die Tour vorerst ausfällt. Sie soll aber definitiv nachgeholt werden: "Mein Team arbeitet bereits an Nachholterminen. Auch die Tickets behalten natürlich ihre Gültigkeit."
Titelfoto: PR / Alexandra Maria Sira