Ausgerechnet in Plattenbauvierteln! Dresdner Jugendkunstschule muss Angebote "eindampfen"
Dresden - Die städtische Jugendkunstschule (JKS) will Dresdens Nachwuchs Kunst und Kultur nahebringen. Seit 2005 auch in Prohlis und Gorbitz mit mehr als 6000 Schülern allein im vergangenen Jahr. Nun sind die beiden Standorte in der Platte von drastischen Kürzungen betroffen.
Das hängt mit dem Herrenberg-Urteil des Bundessozialgerichts zusammen, in dessen Folge die Kriterien zur Feststellung einer Selbständigkeit von Honorarkräften verschärft wurden.
Prüfergebnis nach den neuen Regeln: Die Mehrzahl der 38 Honorarkräfte der Jugendkunstschule galt als scheinselbstständig. Weil die Stadt deren Festanstellungen nicht bezahlen kann, musste die Schule das Angebot drastisch kürzen.
Besonders hart trifft das den Standort Palitzschhof in Prohlis. Der alte Dreiseitenhof (1867 erbaut) lockt mit Werkstätten, etwa für Keramik, Ledern, Siebdruck und Näharbeiten, beschäftigte darin bis zu 15 Lehrkräfte auf Honorarbasis. Seit die wegfallen, ist die Weberei geschlossen.
Und auch die anderen Werkstätten können nur sporadisch besetzt werden.
"Es ist schlimm, dass so viele Angebote wegfallen", sagt Ricarda Schleier (43), die seit fünf Jahren als eine der wenigen Festangestellten in Prohlis arbeitet, die Zusammenarbeit mit den Honorarlehrern immer schätzte.
Dresdner Stadtrat muss richtungsweisende Entscheidung treffen
Um den Verlust etwas zu kompensieren, muss sie, die eigentlich im Büro tätig ist, vermehrt in der Lehre einspringen.
Dort ist die studierte Kunstpädagogin erschrocken über die rückläufigen motorischen Fähigkeiten und mangelnde Fantasie vieler Kinder. "Prohlis ist als Brennpunkt bekannt. Gerade hier ist es wichtig, kulturelle Bildung zu verankern", sagt sie.
Nicht nur in Prohlis, auch in Gorbitz arbeitet die Jugendkunstschule verstärkt mit Schulen und Kindergärten zusammen, um Nachwuchs aus der Umgebung anzulocken.
Laut Gorbitzer Standortleiter Robert Lewetzky (42) mit Erfolg: "Zuletzt haben wir mehr Kinder aus bildungsfernen Haushalten erreicht. Manche haben sich nur einen Dresden-Pass besorgt, um bei uns mitmachen zu können."
Trotzdem musste er jüngst drei von vormals fünf Tanzkursen aus dem Programm nehmen. Die einst zuständigen Honorarkräfte darf die Stadt nicht mehr beschäftigen, die kurzfristig geschaffenen acht Teilzeitstellen (für ganz Dresden) reichen als Übergangslösung nicht aus. Ob das Problem gelöst werden kann, zeigt der nächste Doppelhaushalt.
Darüber entscheidet der Stadtrat im Februar 2025.
Titelfoto: Thomas Türpe