Auf Vonneguts Spuren: Er kennt die letzten Geheimnisse des alten Schlachthofs

Dresden - Messen, Konzerte, Dinnershows - wer sich heute auf der Messe und dem Gelände rundherum amüsiert, ahnt oft nicht, dass hier vor über 100 Jahren ein gigantischer Schlachthof-Komplex errichtet wurde.

Die Messe-Ostra-Tour mit Danilo Hommel (55) startet vor der Messe-Halle 1. Hinten rechts im Bild: der Schweinedom.
Die Messe-Ostra-Tour mit Danilo Hommel (55) startet vor der Messe-Halle 1. Hinten rechts im Bild: der Schweinedom.  © Holm Helis

Und kaum einer weiß, dass hier bis April 1945 rund 150 amerikanische Kriegsgefangene interniert waren. Stadtführer Danilo Hommel (55) deckt in seiner neuen Messe-Ostra-Tour die Geheimnisse des Schlachthofgeländes in Dresden auf.

Den Anstoß zur Tour gab das Buch "Schlachthof 5" des amerikanischen Autors Kurt Vonnegut, der selbst zu den inhaftierten amerikanischen Soldaten zählte. "An ihn und seine Gefährten erinnert heute eine Gedenkwand an der Garderobe der Messe-Halle 1", erklärt Hommel. "Doch das reichte mir nicht, es gibt so viel mehr über das Areal zu erzählen."

Zum Beispiel über den "Schweinedom" - das alte Kraftwerk, das zur Erzeugung von Strom wie auch Kühleis gebaut wurde, hatte schon vor 100 Jahren mit den "Sichtachsen" zu kämpfen. Weil die Stadt einen gewöhnlichen Schornstein wegen Altstadt-Silhouette verbot, baute Architekt Hans Erlwein die Esse in einen Turm ein.

Dresden: Benefizkonzert im Chinesischen Pavillon
Dresden Kultur & Leute Benefizkonzert im Chinesischen Pavillon

Das Ex-Kraftwerk ähnelt so eher der Frauenkirche als einer Industrieanlage.

Am "Futterstall" zeigt Danilo Hommel die Einschusslöcher. Auf etwa gleicher Höhe befand sich auch der Luftschutz-Schriftzug.
Am "Futterstall" zeigt Danilo Hommel die Einschusslöcher. Auf etwa gleicher Höhe befand sich auch der Luftschutz-Schriftzug.  © Holm Helis
Der Kuhbrunnen wurde um 180 Grad gedreht.
Der Kuhbrunnen wurde um 180 Grad gedreht.  © Holm Helis
Das Mosaik "Die Kuhtreiber" von August Strohriegel.
Das Mosaik "Die Kuhtreiber" von August Strohriegel.  © Holm Helis
An das Kriegsgefangenen-Lager erinnert die Gedenkwand im Kellergeschoss der Messe-Halle 1.
An das Kriegsgefangenen-Lager erinnert die Gedenkwand im Kellergeschoss der Messe-Halle 1.  © Holm Helis

Kurioses über den "Kuhbrunnen"

Vor Halle 1 weiß Hommel Kurioses über den "Kuhbrunnen". "Das Rind wurde nach der Restaurierung falsch herum aufgebaut. Historische Fotos aus den 30er-Jahren beweisen, dass die Kuh ursprünglich in die andere Richtung blickte."

Hommels zweistündige Entdecker reicht vom Eselstall bis zur noch bis 1994 genutzten Fettschmelze. "Von den ursprünglich 64 Gebäuden sind etwa noch 60 Prozent erhalten", so Hommel. Überlebt haben auch zwei tolle Mosaiken von August Strohriegel am Eingang zu Messe-Halle 1.

Aus den letzten Kriegstagen noch zu sehen: die Einschusslöcher (neun Millimeter) im Futterstall, der einige Jahre die Kunstausstellung Ostrale beherbergte. Der Schriftzug "Leitern für Luftschutz" allerdings fiel 2017 einem Ostrale-Künstler zum Opfer, der die Fassade gestaltete.

Diese und noch viel mehr Geschichten erzählt Danilo Hommel jeden ersten Sonntag im Monat. Los geht's am 7. August (11 Uhr) ab Messe-Halle 1. Infos/Tickets (17 Euro) unter www.nightwalk-dresden.de.

Titelfoto: Montage: Holm Helis (2)

Mehr zum Thema Dresden Kultur & Leute: