Auch mit 80 Jahren noch laut: Günter Baby Sommer feiert dreimal Geburtstag in Dresden
Dresden - Zweimal in Semper Zwei, zum Abschluss in der Tonne: Drei Konzerte waren das Geschenk für Günter Baby Sommer zum Achtzigsten, der Jubilar selbst ihr musikalisches Zentralgestirn. Würdiger und mitreißender lässt sich so ein Geburtstag kaum feiern.
Von Freitag bis Sonntag (22. bis 24. September) war "Sommerfest" in Dresden. Die Spielstätten hätten andere nicht sein können. In Semper Zwei ist die Musikreihe "Fenster aus Jazz" zu Hause, die der Schlagzeuger zusammen mit dem 1951 geborenen Fotografen Matthias Creutziger kuratiert, der Jazzclub Tonne ist seit Ewigkeiten wichtigster Ort für modernen Jazz in Dresden.
Um Sommer herum eine Auswahl jener Weggefährten und Gruppen, die seine Vergangenheit und Gegenwart repräsentieren. Am Freitag waren das die Dichterin Nora Gomringer (43) und Baby Sommer's Brother & Sisterhood of Breath, am Samstag ein berührender und gewohnt scharfzüngiger Auftritt von Wolf Biermann (86), gefolgt von einer Free-Jazz-Explosion des Clarinet Summit um den Italiener Gianluigi Trovesi (79), dann Sommer höchstpersönlich und sein jüngstes Bandprojekt mit den Brüdern Lucaciu - Antonio (36, Altsaxofon), Simon (25, Klavier) und Robert (35, Bass) - aus Plauen.
Eine Band der Generationen, die bestens funktioniert. Titel des aktuellen Albums "Karawane" waren Programm.
Ein Abschluss mit den All-Stars
Am Sonntag schließlich gab Sommer, alles andere als müde, in der Tonne das finale Konzert mit einer All-Star-Band, bestehend aus - abermals - Robert Lucaciu sowie Daniel Erdmann (49, Saxofon), Nils Wogram (50, Posaune) und dem ungewohnt frei aufspielenden Trompeter Till Brönner (52). Energetischer Einstieg mit "Like Don", Sommers Hommage an Don Cherry, die sich zu einer viertelstündigen Improvisation auswuchs.
Das durchgehend hohe Tempo nur einmal etwas gebremster bei der Nummer "Chant" von Kathrin Lemke. "Ein Schlagzeugpart für Trommler über 90", scherzte Sommer. Wenn's so weit sei, werde er es öfter spielen.
Diesmal aber filigran interpretierte Eigenkompositionen wie "Dunkle Wolken" oder "Flinke Besen". Es waren "drei wunderschöne Tage", schwärmte der Jubilar und verabschiedete sich mit "Der alte Spanier" und rasselnder Perkussion: "Olé!"
Achtzig Jahre und kein bisschen leise.
Der ganze Körper ein Instrument
Auch in solch fortgeschrittenem Alter imponiert Sommer durch die Virtuosität seines Spiels und beinah mehr noch durch die ungeheure Energie, mit der er seine Konzerte auflädt.
Da ist der ganze Körper Instrument, die Spannung strahlt aus ins Publikum. Und immer wieder versteht es dieser Altbekannte des Improvisations-Jazz durch Spontaneität zu verblüffen.
Mit 92 wolle er sein letztes Konzert spielen, habe er einst seiner alten Mutter versprochen, verriet Sommer jüngst im Interview mit der Dresdner Morgenpost. Man sollte ihn beim Wort nehmen.
Titelfoto: Matthias Creutziger