Als Metallbauer, Automechaniker oder Bäcker: In der JVA Dresden wird noch ehrlich gearbeitet

Dresden - Die JVA Dresden ist nicht einfach nur ein Gefängnis. An sechs Tagen in der Woche wird hier fleißig gearbeitet. 300 der insgesamt 615 Häftlinge geben als Metallbauer, Kfz-Mechaniker oder Bäcker Vollgas - und lassen damit so manchen Profi von außerhalb der Mauern alt aussehen. TAG24 hat sich in der JVA umgeschaut.

315 Häftlinge aus den Stationen A bis C gehen täglich einer Arbeit nach.
315 Häftlinge aus den Stationen A bis C gehen täglich einer Arbeit nach.  © Thomas Türpe

Michael Frenzel (48) war früher selbst Tischler, doch seit mittlerweile 23 Jahren ist er Beamter im Justizvollzug, beaufsichtigt dort die Arbeiten in den zehn Eigenbetrieben. "Die Häftlinge sind froh, wenn sie etwas machen können", sagt er auf dem Balkon über dem Innenhof, den Blick direkt auf die Arbeitshalle gerichtet.

Das Gebäude ist riesig: Auf 10.000 Quadratmetern verteilen sich die Arbeitsräume verschiedenster Berufszweige, darunter befinden sich eine Wäscherei, Fleischerei und sogar ein Logistikzentrum.

In der Tischlerei geht Frenzel nichts durch die Lappen. "Die Werkzeuge werden morgens ausgegeben und abends im Schrank auf Vollständigkeit geprüft", erklärt er gelassen.

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Sollte ein Strafgefangener oder U-Häftling doch mal ein Stemmeisen mitgehen lassen, starten Frenzel und seine Kollegen sofort eine Suchaktion. Doch das kam bislang nur einmal vor.

Michael Frenzel (48) ist selbst gelernter Tischler und seit 23 Jahren im Justizvollzug tätig.
Michael Frenzel (48) ist selbst gelernter Tischler und seit 23 Jahren im Justizvollzug tätig.  © Thomas Türpe

In der JVA Dresden kommt selten was weg

Mal ein Messer oder Wein: Bei Kfz-Meister Jan Kremser (57) kommen nur selten verbotene Gegenstände über die Motorhaube ins Gefängnis.
Mal ein Messer oder Wein: Bei Kfz-Meister Jan Kremser (57) kommen nur selten verbotene Gegenstände über die Motorhaube ins Gefängnis.  © Thomas Türpe

Auch aus der Kfz-Werkstatt sind keine Tadel zu hören. Meister Jan Kremser (57) ist mit der Arbeit seiner acht Schützlinge hochzufrieden.

Die tüfteln hier sowohl am privaten Mercedes, als auch am Streifenwagen. Bevor die Autos in der knasteigenen Werkstatt landen, werden sie am Eingang mit Spürhunden und Spiegeln überprüft. "Das Warndreieck darf drinnen bleiben", sagt Kremser schmunzelnd.

"Ganz selten taucht mal ein Messer oder eine Flasche Wein auf."

Reich macht die Arbeit im Knast nicht: Doch den Gefangenen wird eine Perspektive geboten

Besser als in der französischen Patisserie: Die Bäcker unter der Ägide von Daniel Gerlach (43) zaubern wahre Kunstwerke.
Besser als in der französischen Patisserie: Die Bäcker unter der Ägide von Daniel Gerlach (43) zaubern wahre Kunstwerke.  © Thomas Türpe

Für die wöchentlich 40 Stunden dauernde "Resozialisierungsmaßnahme", wie die Maloche im Behördendeutsch heißt, bekommen die Häftlinge je nach Qualifikation ab 250 Euro im Monat.

Sechs Lehrlinge haben in der JVA letztes Jahr sogar eine Ausbildung abgeschlossen, Firmen diverser Branchen können Aufträge vergeben.

Detlef Wuttke (62), Unternehmer aus Chemnitz, leitet seit 30 Jahren Sachsens größte Vermessungsfirma.

Der Ingenieur zu TAG24: "Noch bestelle ich meine Vermessungspfähle im Ausland."

Doch womöglich lässt er die schon bald in Dresden produzieren.

Unternehmer Detlef Wuttke (62) aus Chemnitz überlegt, Aufträge an die Betriebe in der JVA Dresden zu vergeben.
Unternehmer Detlef Wuttke (62) aus Chemnitz überlegt, Aufträge an die Betriebe in der JVA Dresden zu vergeben.  © Thomas Türpe

Arbeiten ist eine Frage der Würde

TAG24-Redakteur Lennart Zielke.
TAG24-Redakteur Lennart Zielke.  © Eric Münch

Kommentar von Lennart Zielke

Arbeit bietet Struktur und stiftet Sinn. Die Wissenschaft zeigt immer wieder, dass eine Erwerbstätigkeit positive Auswirkungen auf das Seelenleben hat.

Deutsche Gefängnisse wie die JVA Dresden bieten im internationalen Vergleich dafür ausgezeichnete Bedingungen. Ganz anders geht es beispielsweise in der US-amerikanischen Gefängnisindustrie zu, wo die Häftlinge unter Überbelegung, schlechter medizinischer Versorgung und einem Mangel an sinnvoller Beschäftigung leiden.

Trotzdem kann auch hierzulande einiges verbessert werden. Der Monatslohn eines Gefangenen in der JVA Dresden liegt bei rund 250 Euro. Grund: Der tägliche Einsatz zählt nicht als Arbeit, sondern als "Resozialisierungsmaßnahme". Für einen ausgelernten Handwerker ist das in Zeiten des Fachkräftemangels zu wenig. Zum Vergleich: 2022 betrug der Stundenlohn in Deutschland durchschnittlich 21 Euro pro Stunde.

Klar, Unternehmer brauchen Anreize, um im Gefängnis produzieren zu lassen. Doch denken wir mal so rum: Wie soll ein Häftling, der 15 Jahre einsitzt, mit diesem Lohn etwas für das Leben danach oder das Alter zurücklegen? Und so geraten viele Insassen nach der Zeit hinter schwedischen Gardinen schnell wieder in finanzieller Schieflage. Das muss nicht sein.

Am Ende bleibt die faire Bezahlung der Gefangenen, die in Deutschland über keine politische Lobby verfügen, auch eine Frage der Würde.

Titelfoto: Montage: Thomas Türpe

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