Kühlhallen voll! Dresden weiß nicht mehr wohin mit den Corona-Leichen

Dresden - Mit den Corona-Infektionen steigt auch die Zahl der Todesfälle dramatisch an. Schon Mitte November sind deutschlandweit etwa neun Prozent mehr Menschen gestorben als im Schnitt der Vorjahre. Für Sachsen sind die Zahlen noch bedrückender, die Sterblichkeit lag um 46 Prozent höher.

Selbst im Eingangsbereich lagern Särge, es gibt einfach keinen Platz mehr.
Selbst im Eingangsbereich lagern Särge, es gibt einfach keinen Platz mehr.  © privat

Und seit Monatsbeginn wird es immer krasser. Ein Mitarbeiter des städtischen Bestattungswesens Dresden sieht die Auswirkungen täglich. So laufe im Krematorium Tolkewitz langsam alles aus dem Ruder, sagt er. Die Rede ist von übervollen Kühlkammern, Ausweich-Garagen ohne Kühlung, Särgen, die in Gang und Eingangsbereich gestapelt werden müssen.

Der Mitarbeiter möchte anonym bleiben, fürchtet um seinen Job, aber schickt Bilder, die seine Aussagen untermauern sollen. "Die vier Öfen des Krematoriums liefen zeitweise rund um die Uhr", beteuert er. "Es wurde extra eine Nachtschicht eingeführt, sonst würde man der Situation nicht mehr Herr werden."

Dann seien zwei von vier Öfen kaputtgegangen. "Es fehlt einfach der Platz, es werden immer mehr Verstorbene gebracht. Der Fuhrpark soll aus den Garagen gefahren werden, damit dort Platz für Särge geschaffen wird. Wir sind maßlos überlastet."

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Auf TAG24-Anfrage äußert sich die zuständige Bürgermeisterin Eva Jähnigen (55, Grüne). Demnach steigt die Zahl der Verstorbenen, die nach Tolkewitz gebracht werden, seit einigen Wochen an. Bisher habe man das aber noch bewältigen können.

"Mit Beginn dieser Woche haben sich die Anlieferungen durch Bestatter aus Dresden und den umliegenden Landkreisen jedoch auf mehr als hundert Verstorbene täglich vermehrt", so Jähnigen. "Das sind etwa doppelt so viele Verstorbene täglich wie normalerweise üblich."

Dresdens zuständige Bürgermeisterin Eva Jähnigen (55, Grüne) erklärt die Lage im Krematorium Tolkewitz.
Dresdens zuständige Bürgermeisterin Eva Jähnigen (55, Grüne) erklärt die Lage im Krematorium Tolkewitz.  © Thomas Türpe
Auch alte Hallen ohne Kühlung mussten reaktiviert werden, um der Lage Herr zu werden.
Auch alte Hallen ohne Kühlung mussten reaktiviert werden, um der Lage Herr zu werden.  © privat

Bestattungswesen prüft weitere Möglichkeiten zur Lagerung von Särgen

Im Krematorium Tolkewitz im Dresdner Osten stapeln sich die Särge: Immer mehr Tote werden aufgrund der Corona-Lage gebracht.
Im Krematorium Tolkewitz im Dresdner Osten stapeln sich die Särge: Immer mehr Tote werden aufgrund der Corona-Lage gebracht.  © Holm Helis

Den Ausfall zweier Öfen bestätigt sie, einer sei repariert. "Die vierte Ofenlinie kann jedoch voraussichtlich erst im neuen Jahr wieder funktionstüchtig sein."

Aber selbst, wenn alle Öfen funktionieren würden, käme man nicht nach. Dem Vernehmen nach schafft die Einrichtung nur das Verbrennen von etwa 260 Toten wöchentlich. "Deshalb prüft das städtische Bestattungswesen beständig weitere Möglichkeiten zur Lagerung von Särgen."

Die Bürgermeisterin bestätigt, dass Hallen in Benutzung sind, die keine eigene Kühlung haben. "Für solch eine kurzzeitige Zwischennutzung muss eine Temperatur unter 10 Grad gegeben sein, die ist in den Räumen und Hallen gegeben."

Ausnahmezustand im Krematorium Tolkewitz: Vor dem Eingang stehen etliche Untersätze für die ankommenden Särge bereit.
Ausnahmezustand im Krematorium Tolkewitz: Vor dem Eingang stehen etliche Untersätze für die ankommenden Särge bereit.  © Holm Helis

Derzeit prüfe man Alternativen, auch mit den Partnern der umliegenden Landkreise, "da das Dresdner Krematorium die Situation voraussichtlich nicht mehr alleine abfedern kann", sagt Jähnigen. Am gestrigen Freitag meldete allein Dresden 554 neue Corona-Fälle.

Titelfoto: privat

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