Kein Mist! Recycling-Dünger für den Acker - Sachsen produziert immer mehr Phosphor aus Klärschlamm
Dresden - Tendenz steigend: Immer größere Mengen Klärschlamm aus Sachsen werden in sogenannten Monoverbrennungsanlagen genutzt. So kann nicht nur Wärme erzeugt, sondern auch der im Schlamm gebundene Phosphor zurückgewonnen werden. Anlagen im Industriemaßstab gibt es im Freistaat bisher nicht. Das könnte sich zukünftig ändern.
In der Lausitz (Kreis Görlitz) plant der Energiekonzern LEAG gemeinsam mit dem Entsorger Veolia eine Monoverbrennungsanlage und einem Investment von 60 Millionen Euro. Das sei eine "neue Option für das Kraftwerk Boxberg", sagte der inzwischen verabschiedete LEAG-Vorstand Hubertus Altmann bei Bekanntgabe des Vorhabens.
Eine weitere Anlage soll in Zwickau auf Initiative der "Klärschlammmanagement Westsachsen" entstehen, an der auch die Wasserwerke Zwickau und Eins Energie beteiligt sind.
Das Phosphor-Granulat, das über diese Art der Abfallbehandlung zurückgewonnen wird, ist in der Landwirtschaft gewissermaßen als Recycling-Dünger stark nachgefragt.
Bisher passiert die Gewinnung nach Angaben des Statistischen Landesamtes Kamenz überwiegend in Monoverbrennungsanlagen außerhalb des Freistaats. 2022 wurden so insgesamt 16.133 Tonnen Trockenmasse Klärschlamm aus Sachsen in anderen Bundesländern entsorgt. Das ist mehr als das Zehnfache der Menge des Jahres 2021 (1475 Tonnen).
In Sachsen gibt es laut dem Landesumweltamt bisher nur Pilotanlagen zur Phosphorrückgewinnung, unter anderem in Leipzig, Freiberg und Niederfrohna (beide Mittelsachsen).
Darüber hinaus wird Klärschlamm auch zur Wärmegewinnung verbrannt (2022: über 52.043 Tonnen), kompostiert (über 6000 Tonnen) oder in der Landwirtschaft eingesetzt (rund 4000 Tonnen). Wie andere Abfälle auch ist Klärschlamm inzwischen nicht nur Teil der Kreislaufwirtschaft, sondern auch der neuen sächsischen Rohstoffstrategie.
Kreislaufwirtschaft auch in der Chemie
Kreislaufwirtschaft wird auch in der Chemie-Industrie immer wichtiger. Im nordsächsischen Delitzsch wächst in den nächsten Jahren das "Center for the Transformation of Chemistry" (CTC). Drei Fragen an den "CTC-Erfinder" Peter H. Seeberger (57):
TAG24: Wie sieht Ihre Vision dafür aus?
Peter H. Seeberger: Das CTC ist ein neu entstehendes Großforschungszentrum. Unser Ziel ist es, die Transformation der Chemie in eine Kreislaufwirtschaft wissenschaftlich voranzutreiben und kooperativ mit der Wirtschaft umzusetzen.
TAG24: Wie realistisch sind die 10.000 neuen Jobs, von denen immer wieder zu hören ist?
Peter H. Seeberger: Am CTC werden bis 2039 rund tausend Personen arbeiten, davon rund 700 in Sachsen und rund 300 in Sachsen-Anhalt. Darüber hinaus wäre es unredlich, konkrete Zahlen zu versprechen. Aber wir sind uns bewusst, dass unser Erfolg daran gemessen werden wird, dass wir es schaffen, den Strukturwandel in der Region zu unterstützen.
TAG24: Gibt es bereits einen Zeitplan?
Peter H. Seeberger: Wir befinden uns derzeit in einer dreijährigen Aufbauphase. Ich bin Direktor an einem Potsdamer Max-Planck-Institut und der Aufbau des CTC läuft derzeit als Projekt dieses Instituts. Wir wollen aber so schnell wie möglich eine eigenständige Institution werden. Unser Ziel ist, dass es schon dieses Jahr so weit ist.
Titelfoto: Sven Gleisberg