Das "pick-nick" gibt den Löffel ab: Alte Kult-Gaststätte weicht siebenstöckigem Neubau
Dresden - Im Juli 1961 öffnete die Selbstbedienungsgaststätte "pick-nick" an der Grunaer Straße nahe des damaligen Fučíkplatzes (heute Straßburger Platz). Als neuartige Systemgastronomie gestartet, wurde später der "Drecksche Löffel" (so der Spitzname der Gastroeinrichtung) geschwungen.
Jetzt steht das Haus kurz vor dem Abriss. Eine Leipziger Immobilienfirma baut dort ein siebenstöckiges Wohn- und Geschäftshaus samt großem Dachgarten.
Seit fast 30 Jahren baut "Immvest Wolf" unter anderem in Leipzig und Dresden. Chef der Dresdner Niederlassung ist Steffen Funk. Der 53-Jährige hat jetzt, neben einem weiteren großen Projekt am Bahnhof Neustadt, die nicht ganz einfache Aufgabe, den Dresdnern den Abriss der einst beliebten Gaststätte zu erklären.
Obendrein liegt gleich nebenan mit "Susi's Sportsbar" eine weitere Dresdner Institution.
Ab Herbst 2021 soll der Bau beginnen
An Abriss und Neubau hält Funk fest. Sehr offen ist er hingegen für Pläne, vorher eine Ausstellung über die Geschichte der Gaststätte in den Räumen stattfinden zu lassen.
"Es gibt dazu Gespräche, wir unterstützen das." Die Dynamo-Kultneipe gleich nebenan werde "in die Planungen der Außenanlagen einbezogen".
Gebaut werden soll ab Herbst 2021. Im Frühjahr 2023 soll der Neubau stehen. Ein architektonisches Werkstattverfahren hat bereits stattgefunden. Die Zahl der Wohnungen steht noch nicht fest.
Im Erdgeschoss soll Gewerbe Platz finden, zum Beispiel Gastronomie. Gut möglich, dass das "pick-nick" so eine zeitgemäße Fortsetzung findet.
Wer hat Fotos vom "Dreckschen Löffel"?
120 Sitz- und 100 Stehplätze, Automaten samt Tickets zur Essensbestellung, die Gulaschsuppe für 1,20 Mark, der halbe Liter Bier für 51 Pfennig: Die von "Fresswürfel"-Architekt Günter Gruner gebaute Selbstbedienungsgaststätte am heutigen Straßburger Platz hatte Kult-Charakter. Jetzt soll eine Ausstellung daran erinnern. Dafür werden noch Bilder und Erinnerungen gesucht.
An drei Stellen wird momentan gleichzeitig gearbeitet, um möglichst noch dieses Jahr eine Ausstellung zur Geschichte vom "Dreckschen Löffel" auf die Beine zu stellen.
Allen voran forscht die Plattenbau-Expertin im Stadtmuseum, Claudia Quiring, zur Geschichte. Das Museum hat beispielsweise den "pick-nick" Schriftzug im Depot. Studenten der TU arbeiten an Entwürfen, wie der Massivbau aus Klinkermauerwerk hätte erhalten und ins Stadtbild eingegliedert werden können.
Das "Netzwerk Ostmodern" sucht weiterhin nach Fotos, Speisekarten oder alten Lochkarten zum Bezahlen. "Schnappschüsse von innen wären toll, im Idealfall mit Geschichten und Erinnerungen. Auch das genaue Datum der Schließung ist noch unklar", sagt Marco Dziallas vom Netzwerk. Bilder und Infos an: kontakt@ostmodern.org
Falls eine abklingende Corona-Pandemie es zulässt, soll die Ausstellung im Mai oder Juni im ehemaligen "pick-nick" stattfinden.
Titelfoto: Montage: Norbert Neumann, Christian Juppe