Familie soll mehr als 30.000 Euro für Wasseranschluss zahlen!

Bautzen - Für die meisten Sachsen ist es unvorstellbar, kein fließendes Wasser aus der Leitung zu beziehen. Auch wenn es in den vergangenen Tagen etwas geregnet hat - aufgrund des Klimawandels versiegen immer mehr Brunnen im Freistaat. Was manche Familien vor existenzielle Probleme stellt.

Wochenlang mussten die Familien in drei betroffenen Häusern Wasser aus dem Supermarkt kaufen, um sich zu waschen.
Wochenlang mussten die Familien in drei betroffenen Häusern Wasser aus dem Supermarkt kaufen, um sich zu waschen.  © Thomas Türpe

Es geschah beim Zähneputzen: "Plötzlich kam kein Wasser mehr", sagt Constanze Hentschel (58). 

Mit ihrem Partner Günter Lebelt (65) kaufte und sanierte die Ärztin vor zehn Jahren ein ruinöses Haus im Gödaer Ortsteil Spittwitz bei Bautzen. 

Mehr als 100 Jahre versorgte hier ein Brunnen drei Häuser mit Wasser. Bis er vor fünf Wochen versiegte, damit drei Haushalte mit sieben Personen von der Wasserversorgung trennte.

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Das Problem: Um ans Trinkwassernetz angeschlossenen zu werden, müssen sich die Grundstückseigentümer an den Kosten für das Verlegen der Leitungen und Anschlüsse beteiligen. 

Und zwar nicht zu knapp. Laut Gesetz bis zu 70 Prozent, was die zuständigen kommunalen "Kreiswerke Bautzen Wasserversorgung" auch fordern. 

Diese rechnen laut Schreiben an die drei Antragsteller grob mit Gesamtkosten von rund 30 000 Euro pro Haushalt, hinzu kommen noch jeweils über 2 200 Euro für Hausanschluss sowie die Mehrwertsteuer. 

Für die Beteiligten ein Schock: "Das bedroht unsere Existenz", sagt Hentschel. Nachbar Werner Haufe (57): "Ich bin arbeitslos. Das kann ich mir nicht leisten."

Brunnen plötzlich versiegt: Constanze Hentschel (58), Partner Günter Lebelt (65, li.) und auch Nachbar Werner Haufe (57) liegen auf dem Trockenen.
Brunnen plötzlich versiegt: Constanze Hentschel (58), Partner Günter Lebelt (65, li.) und auch Nachbar Werner Haufe (57) liegen auf dem Trockenen.  © Thomas Türpe

Der Bau eines neuen Brunnens koste laut Hentschel rund 15 000 Euro und ist riskant

Neben Spittwitz (gehört zu Göda) sind noch viele weitere Gemeinden betroffen.
Neben Spittwitz (gehört zu Göda) sind noch viele weitere Gemeinden betroffen.  © Thomas Türpe

Doch nicht nur die Kosten sind problematisch. 

"Für uns ist die Planung der Kreiswerke nicht nachvollziehbar, etwa der Verlauf der Leitungen. Bis heute war kein Mitarbeiter da, um mit uns eine sinnvolle Lösung zu finden", bedauert Hentschel.

"Wir fühlen uns im Stich gelassen." Laut Kreiswerke-Geschäftsführer Olaf Böhme basiert die Planung der Leitungs-Trasse auf Luftbildern. 

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Weitere Planungsschritte könnten "aus Kapazitätsgründen" erst 2021 erfolgen. 

Der Bau eines neuen Brunnens koste laut Hentschel rund 15 000 Euro und sei riskant, da niemand garantieren könne, dass am Ende wirklich sauberes Wasser fließen würde.

Als Notlösung haben die Familien jetzt mithilfe des Gemeinde-Bürgermeisters Gerald Meyer (58, parteilos), THW und Feuerwehr einen kostenpflichtigen Leih-Wassertank (3 000 Liter) erhalten, den die Kameraden regelmäßig befüllen. 

Doch der Winter naht, dann droht das Wasser zu gefrieren. Constanze Hentschel hat jetzt an Landrat Michael Harig (60, CDU) geschrieben, hofft auf Hilfe.

27.000 Sachsen nicht am Trinkwassernetz

Sachsens Umweltminister Wolfram Günther (47, Grüne)
Sachsens Umweltminister Wolfram Günther (47, Grüne)  © Ronald Bonss

Laut Umweltministerium sind rund 27.000 Sachsen nicht ans Trinkwassernetz angeschlossen. Das Problem: Seit 2013 fällt der Grundwasserspiegel.

"Die Wasserversorgung in Sachsen ist durch drei Dürrejahre in Folge an ihre Grenzen gekommen. In manchen Orten sind die Hausbrunnen trocken gefallen", sagt Sachsens Umweltminister Wolfram Günther (47, Grüne). "Die überdurchschnittlich trockenen Jahre 2018, 2019 und 2020 haben uns aber auch gezeigt, dass nicht nur die Wasserversorgung aus privaten Hausbrunnen überdacht werden muss. Wir stecken mitten im Klimawandel und müssen auch künftig verstärkt mit Dürren rechnen."

Darum beschloss die Staatsregierung gestern, das seit vergangenem Jahr bestehende Trinkwasseranschluss-Förderprogramm für Gemeinden auszubauen, was auch Betroffenen zugutekommt. 

Der Freistaat beteiligt sich an den Investitionskosten mit bis zu 65 Prozent, maximal mit 40 000 Euro pro Grundstück. 

Seit 2019 wurden bereits 10,5 Millionen Euro für etwa 3 600 Sachsen bewilligt. 

Titelfoto: Thomas Türpe

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