So schlimm steht es wirklich um Dresdens Verkehrsbetriebe!

Dresden - Zwischen 18 und 20 Millionen Euro fehlen den DVB für die Aufrechterhaltung ihres Regelbetriebs. Springt der Stadtrat nicht mit einer kräftigen Finanzspritze ein, ist ein Abbau des ÖPNV-Angebots unausweichlich, sagen die Verantwortlichen. Womit Dresdner Fahrgäste ab dem 1. April rechnen müssen.

Buslinien wie die 61 (hier am Körnerplatz) könnten zukünftig seltener fahren, sollte der Stadtrat nicht weitere Millionen locker machen.  © Christian Juppe

Eine "Liste der Grausamkeiten" gibt es jetzt nicht mehr nur im Rathaus, sondern auch an der Trachenberger Straße. Der Katalog soll als Diskussionsgrundlage für die Kommunalpolitik dienen, umfasst 26 Einzelmaßnahmen und somit rund 10 Prozent der aktuellen DVB-Gesamtleistung.

Er liest sich zusammengefasst so: Taktreduktionen für Busse und Bahnen - insbesondere in den Randlagen, Wegfall der Fähren Johannstadt und Niederpoyritz, Bergbahn-Verkehr nur noch zwischen Mai und Oktober.

Betroffen von Taktreduktionen (dann nur noch im 20-Minuten-Takt oder länger) wären unter anderem die Buslinien 68 (Niederwartha, Cossebaude), die 61 und 63 (in Richtung Weißig und Pillnitz) sowie Linien im Dresdner Norden (70, 72, 77, 80 und 81).

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Seltener auf den Gleisen rollen könnten die Straßenbahnlinie 6 zwischen Laubegast und Niedersedlitz sowie die Linie 7 zwischen Gorbitz und Pennrich (beide von 10 auf 20 Minuten). Es droht überdies die ersatzlose Streichung der Anruf-Linientaxis (Alita).

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Werden die Sparpläne umgesetzt, verkehren die Bergbahnen nur noch in den warmen Sommermonaten.  © imago/Sylvio Dittrich
DVB-Verkehrsmanager Martin Gawalek (47).  © Holm Helis

Sinken die Löhne?

Der häufig genutzten Linie 7 droht eine Takt-Ausdünnung am Außenabschnitt zwischen Gorbitz und Pennrich.  © Steffen Füssel

"Wir plädieren dafür, den 10-Minuten-Takt nach Möglichkeit zu erhalten", sagte DVB-Finanzvorstand Andreas Hemmersbach (56).

Sein leitender Verkehrsmanager Martin Gawalek (47) rechnete Medienvertretern vor: "Uns drohen durch diese Kürzungen etwa 4,4 Millionen Fahrgäste weniger pro Jahr, dafür aber vollere Fahrzeuge, längere Wartezeiten und 1,8 Millionen zusätzliche Autofahrten."

Auch für das schwarz-gelbe Personal hätte das Folgen. Rund 150 Arbeitsplätze im Fahrdienst sind betroffen. "Vorstellbar ist, die wöchentliche Arbeitszeit auf 35 Stunden abzusenken, um so Entlassungen zu verhindern", lenkte Personalvorstand Lars Seiffert (55) ein.

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Das bedeute allerdings auch einen Lohnverzicht - beim Einstiegsgehalt für Fahrer eine Absenkung von derzeit 3160 Euro auf dann 2913 Euro (brutto). Inwiefern diese Maßnahmen zum Tragen kommen, entscheidet der Stadtrat. Und das am besten noch im Februar, mahnt der DVB-Vorstand.

DVB-Finanzvorstand Andreas Hemmersbach (56).  © Norbert Neumann

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Caroline adé? In Niederpoyritz stünde bei Sparzwang die Fähre vor dem Aus.  © Ove Landgraf

Dieser Tage ein Mitglied des Dresdner Stadtrates zu sein, ist vermutlich einer der härtesten Jobs der Welt. Als Ehrenamtliche müssen die Volksvertreter in den nächsten Wochen überall millionenschwere Sparprogramme beschließen. Wer also vor dem Hintergrund möglicher Kürzungen bei den DVB mit dem Finger auf die ach so knausrigen Ratsmitglieder zeigt, der ist fehlgeleitet.

In der Organisation unseres Gemeinwesens sind Maß und Mitte verloren gegangen. In Berlin denken sich Regierungsvertreter ein Deutschland-Ticket aus, dessen Tragfähigkeit für die kommunalen Verkehrsunternehmen nicht zu Ende gedacht ist.

Allein in Dresden fanden - auch dank der 49-Euro-Flatrate - letztes Jahr fast 184 Millionen Fahrten statt. Rekord! Allerdings, ohne dass die DVB finanziell davon profitiert hätten. Busse und Bahnen müssen aber trotzdem bewegt, steigende Kosten für Mitarbeiter und Material bezahlt werden.

Wo also das nötige Kleingeld in dieser Notlage hernehmen? Beim profitablen Schwesterunternehmen SachsenEnergie konzentriert man sich lieber auf die eigene Kreditwürdigkeit und Eigenkapitalquote. Schließlich sollen Hunderte Millionen in die Dekarbonisierung und Energiewende gesteckt werden.

Auch von Sachsens führenden Bundes- und Landespolitikern ist kaum etwas zu hören. Am 23. Februar wird gewählt, da will man kurz vor knapp nicht noch mit unangenehmen Themen um die Ecke kommen. Also werden die schwierigen Entscheidungen den Freizeithelden des Stadtrates überlassen. Sie sind es, die am Ende den Frust überrumpelter Bürger spüren werden.

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