Cargo-Tram: Wunderwaffe gegen Diesel-Fahrverbote?
Dresden - Gegen Abgase und verstopfte Straßen im Zentrum: Die Dresdner Cargo-Tram transportiert Autoteile aus dem VW-Güterverkehrszentrum in die Gläserne Manufaktur. Das Vorzeigeprojekt einer umweltfreundlichen Güter-Straßenbahn rückt mit drohenden Diesel-Fahrverboten nun wieder in den Fokus.
311.000 Kilometer, eine Strecke fast bis zum Mond. So viel haben die beiden blauen Cargo-Trams in Dresden schon zurückgelegt. "Von außen nach Innen", beschreibt VW-Logistikleiter Mario Blank (47) das klimafreundliche Transport-Konzept. So liefern täglich 40 Brummis aus ganz Europa E-Golf-Teile wie Verkleidung, Scheiben, Airbags ins zentrumsferne VW-Lager in der Friedrichstadt (Potthoffstraße).
Arbeiter verladen die Güter dort in die Cargo-Tram, für die ein Gleisanschluss gelegt wurde. Sechs Mal täglich rollt die Bahn ins 5,5 Kilometer entfernte VW-Werk (über Bahnhof Mitte, Postplatz, Straßburger Platz) - und zurück.
"Eine Fahrt dauert etwa 25 Minuten. Wir reihen uns zwischen die regulären Bahnen ein", sagt Marco Kraut (45). Er ist einer von sechs Fahrern einer DVB-Tochterfirma, der sich ins blaue Cockpit setzen darf. Weitere Personen dürfen nicht mitfahren.
Der Öko-Vorteil: Laut Logistik-Leiter Blank ersetzt die Cargo-Tram jeden Tag 12 bis 15 Lkw-Fahrten. Damit verursache sie nur etwa die Hälfte an CO2-Emissionen. Diese lägen sogar bei Null, würden die DVB gänzlich auf grünen Strom setzen.
Macht die Dresdner Cargo-Tram späte Schule?
Das Problem: Nur bei hoher Auslastung rechnet sich die Cargo-Tram auch finanziell im Lkw-Vergleich. Vorm Start der Güterbahn 2001 waren bis zu 30 Fahrten täglich geplant. Das war jedoch schon zu Phaeton-Hochzeiten schwierig.
Dennoch ist das Dresdner Modell, was um die Jahrtausendwende nach Stadtrat-Auflage entwickelt wurde, vorm Hintergrund des Klimaschutzes aktuell wie nie. Kommunen grübeln, wie sie die Innenstädte sauberer bekommen. Auch unser Rathaus hat die Güterstraßenbahn für die Citylogistik weiter auf dem Schirm. Anfragen zur Cargo-Tram kommen bis heute aus der ganzen Welt.
Zuletzt prüfte Berlin das Konzept für Trams und U-Bahnen. In Zürich wird Sperrmüll auf Schienen transportiert. Frankfurt experimentiert mit Bahnen, die Post befördern.
Und auch in München gibt es Initiativen zu einer "Packerl-Tram". Damit könnte die Dresdner Cargo-Tram also noch späte Schule machen...
Von der Straße auf die Schiene gab's schon mal
Den innerstädtischen Güterverkehr auf Schienen gab es in Dresden schon vor über 100 Jahren.
An der Kiesgrube Gohlis wurde schon 1918 etwa Schuttgut auf Schienen transportiert. 1926 transportierte ein "Bienertwagen" auf Schienen Mehl und Getreide der Bienertmühle in Plauen.
Die Lockwitztalbahn fuhr auch nach dem Zweiten Weltkrieg mit Postwaggons. Und auch die Markthalle wurde einst über die Weißeritzstraße durch Straßenbahnen beliefert.
Letztlich wurden aber die innerstädtischen Güter-Bahnen von den flexibleren Lkw abgelöst, zumal das Gleisnetz auch zunehmend für den Personen-Transport gebraucht wurde.