Dresdner Tintenfirma setzt auf Wahlen im Irak
Dresden - Tinte ist das Geschäft der Dresdner Firma Octopus. Das Unternehmen beliefert damit weltweit Industrie, Handel, Kreative und Künstler. Firmenchef Gunther Lange (47) möchte nun seinen Kundenkreis erweitern - um Staatenlenker, Demokratien und Volksrepubliken. Und er träumt von einem exklusiven Coup...
"Wir wurden als Lieferant angefragt und haben uns an einer internationalen Ausschreibung beteiligt. Konkret geht es darum, Wahltinte für die kommenden Wahlen im Irak herzustellen", berichtet Gunther Lange.
Die Wahltinte wird als Farbstoff auf den Zeigefinger von Wählern aufgebracht. Betrug wird so vorgebeugt, denn niemand mit geschwärztem Finger darf erneut zum Urnengang.
Diese effektive Methode hat sich in Ländern etabliert, in denen persönliche Dokumente nicht standardisiert sind oder Wähler viele Tagesmärsche auf sich nehmen, um an einer Wahl teilzunehmen.
"An Wahltinte werden ganz besondere Anforderungen gestellt. Sie muss hautverträglich sein und darf sich gleichzeitig 96 Stunden lang nicht vom Finger abwaschen lassen. Um diese Eigenschaften zu erfüllen, enthält diese Spezialtinte Silbernitrat", erklärt Gunther Lange.
Bereits vor über vier Jahren wurde Lange angesprochen, ob sein Betrieb solche Wahltinte liefern könne.
Octopus setzt Tradition der Tintenherstellung in Dresden fort
Damals musste der Unternehmer passen, weil seine Firma noch nicht über die nötigen Ressourcen an Personal und Technik verfügen konnte.
"Heute besitzen wir die Größe und die Strukturen zur Abwicklung so eines Auftrags", sagt Lange. Hörbarer Stolz schwingt in seiner Stimme mit.
Sein Octopus-Firmenverbund beschäftigt heute am Standort Hamburger Straße 21 Mitarbeiter. Sie erwirtschaften zusammen rund drei Millionen Euro Umsatz pro Jahr.
Langes Unternehmen führt die Tradition der Tintenherstellung in Elbflorenz fort, nachdem Markenhersteller "Barock" im Jahre 2011 in die Insolvenz ging.
"Wir können nach Kundenwunsch die verschiedensten Tinten für die verschiedensten Einsatzgebiete produzieren", erklärt Lange selbstbewusst.
Rund 700 Tinten-Rezepturen nennt der Betrieb sein Eigen.
Chemiker hatten monatelang schwarze Finger
Die Rezeptur für die Wahltinte hat Octopus vorausschauend bereits vor geraumer Zeit entwickelt.
"Mehrere Monate lief damals einer unserer Chemiker mit schwarzen Fingern an den Händen rum, um persönlich die Qualität dieser Tinte zu testen", erinnert sich Lange.
Der Irak-Auftrag umfasst 0,5 Tonnen violette Tinte in 5300 Flaschen zu je 80 Milliliter.
Er ist für Octopus spannend, weil er ein großes Umsatzvolumen besitzt und Prestige in einem Nischenmarkt verspricht. Lange schätzt:
"Weltweit können nur etwa ein Dutzend Betriebe Wahltinte herstellen."