S-Bahn verlängern, Autobahn untertunneln: Neue Verkehrs-Ideen für den Dresdner Norden
Dresden - Halbleiter-Riese TSMC und seine Partnerfirmen starten 2027 mit der Produktion, Infineon erweitert seine Fabrik: Im Jahr 2030 könnten in Dresdens boomender Chipindustrie bis zu 20.000 Menschen mehr arbeiten als bislang. Das wird zu deutlich mehr Verkehr führen. Nicht nur im grünen Norden der Elbmetropole, sondern auch in den Umlandgemeinden. Die Frage ist: wo?
Die Zeit drängt: Verkehrsplaner überlegen, wie die zusätzlichen Pendler zur Arbeit kommen, ohne das Auto nutzen zu müssen. Ein Bündnis lokaler Initiativen macht nun mit einer Petition Druck.
"Den milliardenschweren Ansiedlungen muss nun auch eine zügige Verkehrsplanung folgen", fordert Clemens Kahrs (50) vom Verkehrsclub Deutschland (VCD). Er schaut auf eine Karte mit vielen bunten Linien und Notizen.
Seine Forderung und die seiner Mitstreiter: Die Planung zur Verlängerung der S-Bahn-Linie 2 (endet bislang am Flughafen) beschleunigen. Die soll drei Kilometer weiter fahren bis zum Airportpark, dem Standort der Chip-Fabriken. Dafür wird der Zug über einen Tunnel die Autobahn unterqueren müssen, ein Millionen-Projekt.
Deshalb müsse der Freistaat in Berlin dringend um mehr Geld werben, so Kahrs.
Auch Radfahrer benötigten attraktivere Angebote
Und auch eine schnellere Umsetzung der Straßenbahn-Verlängerung von Linie 8 nach Boxdorf (mit einer Runde durch das Halbleiter-Revier) wünschen sich die Aktivisten.
Nicht zuletzt könnte eine Verdichtung der Regionalzüge sowie der S-Bahn-Linien 7 und 8 den ÖPNV für Chip-Arbeiter aus dem Raum Königsbrück-Kamenz attraktiver machen. Ein Drehkreuz zum Umsteigen wäre dann der Bahnhof in Klotzsche.
Dass dort so viele Arbeiter wie möglich ihr Auto zu Hause lassen, wünscht sich Stefan Möbius (46) von der "AG nachhaltig mobil". "Die Straßen durch die Wohngebiete sind für die zusätzlichen Pendlerzahlen nicht ausgelegt."
Deshalb müssten die Planer nebst ÖPNV auch Radfahrern attraktivere Angebote machen.
Möglichkeiten ausloten
Ein Kommentar von TAG24-Redakteur Lennart Zielke
Dresdens Chip-Industrie wächst. Das bringt mehr Leute in den Norden der Stadt. Gemeint sind aber nicht nur bis zu 20.000 weitere Fachkräfte, sondern auch deren Familien.
Wir sprechen hier also über zusätzlichen Verkehr zum Arbeitsplatz und zu Kitas und Schulen. Dass dieser Verkehr in Zukunft überwiegend mit Zug und Bus stattfinden kann, muss nun die zentrale Aufgabe der Planer in Rathaus, Staatsregierung und den Verkehrsallianzen sein.
Allein die Idee, einen Tunnel unter die A4 hindurch zu jagen, nimmt normalerweise Jahre an Planungsaufwand in Anspruch. Das kann sich Dresden angesichts der bald fertiggestellten Fabriken aber nicht leisten. Eine gemeinsame Kraftanstrengung muss her. So oder so, die wird teuer - selbst wenn sich Freistaat, Bund und EU beteiligen.
Vorbild könnte in dieser Situation (Achtung!) ausnahmsweise mal Berlin sein. Dort hat Autobauer Tesla mit seiner Fabrik bei Grünheide zwar keinen direkten Anschluss an das öffentliche Bahnnetz der Hauptstadt, lässt einen Teil seiner Belegschaft aber immerhin schon mit einem eigenen Shuttle-Zug zum Werk bringen.
Für die Planer in Dresden könnte das eine Blaupause dafür sein, rechtzeitig mit den milliardenschweren Chip-Riesen in Gespräche zu treten. So könnten vorab Möglichkeiten für die gemeinsame Finanzierung und den Betrieb des ÖPNV ausgelotet werden.
Titelfoto: Bildmontage: Petra Hornig, Verkehrsanbindung Grafik