Suche nach dem Ausbildungsplatz: Ferrari lässt Jugendliche an Sportwagen schrauben
Radebeul - Fachkräftemangel und die gesunkene Begeisterung für handwerkliche Berufe zeigen sich auch in den Bewerberzahlen für Ausbildungsplätze. Davon kann selbst die Nobel-Automarke Ferrari ein Lied singen. Im sächsischen Radebeul sollte diese Situation jetzt ein Tag der offenen Tür ändern.
Klingen solche Veranstaltungen oftmals öde, war der sogenannte Zukunftstag allerdings eine praktische Gelegenheit, einmal in den Arbeitstag eines Kfz-Mechatronikers zu schnuppern. In kleinen Gruppen sind insgesamt 25 Jugendliche und junge Erwachsene an der Stadtgrenze zu Dresden durch das Ferrari-Autohaus und die angegliederte Werkstatt auf Entdeckungstour gegangen.
Autohaus-Chefin Sibylle Thomas-Göbelbecker erklärte, was es damit auf sich hat: "Wir machen das zum ersten Mal, weil es schwierig ist, geeignete Bewerber zu finden."
Dabei sei gar nicht mal die fachliche Eignung das Problem. "Viele trauen sich einfach nicht, sich hier zu bewerben", stellte Thomas-Göbelbecker fest.
Die Möglichkeit vom gestrigen Samstag sollte die Hemmung nehmen, sich beim Sportwagen-Händler umzusehen und gab die Chance, eine Bewerbung abzugeben. 25 Teenies haben diese Gelegenheit ergriffen. Der jüngste war dabei gerade einmal 14 Jahre alt.
Der Chefin gefiel's: "Es muss ja nicht für dieses Jahr sein. Es ist gut, wenn sich die Jugendlichen Gedanken machen und dann im kommenden Jahr bei uns melden." Oder auch noch später, je nachdem, wann sie mit der Schule fertig sind.
Radebeul: Ausbildung bei Ferrari "sicher nicht eintönig"
Wie soll der perfekte Interessent sein? "Ganz wichtig ist die Liebe zur Marke", antwortete die langjährige Ferrari-Händlerin. "Aber man muss auch Leidenschaft mitbringen und technikaffin sein."
Eine, die auf diese Kriterien zutrafen, ist Jennifer Grabowsy aus Meißen. Die 16-Jährige absolviert derzeit ein Berufsvorbereitungsjahr in einer Autowerkstatt und ist damit eine der wenigen weiblichen Kräfte in der eigentlich von Männern dominierten Auto-Welt.
Selbstbewusst antwortet sie in der Ferrari-Werkstatt auf gestellte Fragen und kennt oft schon Dinge, die andere Teilnehmer des Zukunftstages zum ersten Mal sehen, wie beispielsweise ein ausgebautes Getriebe.
"Ich begeistere mich sehr für die Formel 1, vor allem für Ferrari", erklärte Jennifer ihre Motivation, jetzt einmal in Radebeul vorbeizuschauen.
Am liebsten würde sie an neueren Sportwagen schrauben. Doch auch für ältere Fahrzeuge, die öfter beim einzigen Ferrari-Händler im Osten Deutschlands landen, kann sich die junge Frau begeistern. "Hier zu arbeiten, ist sicher nicht eintönig", stellte sich Jennifer vor. "Ich hätte Freude an den täglich neuen Herausforderungen."
Weitere Eindrücke von der Arbeit sammelte die potenzielle Auszubildende in den Büros, im Verkaufsraum und an einer Station, bei der Lego-Modellautos gebaut wurden. Die Ferrari-Experten prüften auf diese Weise spielerisch das technische Verständnis der Teilnehmer.
"Ferrari Zukunftstag" soll jährlich wiederholt werden, wenn es die Jugend will
Nach Radebeul kam die 16-Jährige vor allem aus Neugier. Sie wollte sich einmal umsehen, wie so ein Tag im Nobel-Autohaus abläuft. Einen Ausbildungsplatz hat Jennifer bereits in einer anderen Werkstatt sicher.
"Hier würden sie mich vermutlich nicht nehmen", zweifelte die Interessierte, die einen Hauptschulabschluss hat. Damit bestätigte der Jungspund den Verdacht von Sibylle Thomas-Göbelbecker, dass sich viele nicht trauen würden, sich erst einmal vorzustellen.
Tatsächlich ist der Abschluss jedoch kein Ausschlusskriterium, wie die Autohaus-Chefin erklärte. "Es hat sich schon mehrfach gezeigt, dass, wenn der Wunschberuf erreichbar ist, junge Menschen oft zu besseren Leistungen fähig sind", so Thomas-Göbelbecker. "Und dann kann es auch hier klappen." Trotzdem würde aber noch auf die Noten geguckt werden. Vor allem Mathe und Physik seien für die Arbeit in der Werkstatt wichtig.
Wenn die Richtigen dabei waren, will Thomas-Göbelbecker einen oder zwei Azubis in diesem Jahr einstellen. Das Event soll auch im kommenden Jahr wiederholt werden, wenn das Feedback der Teilnehmer positiv ausfällt.
Titelfoto: Montage: Max Patzig (2)