Rund 900.000 Sachsen gehen bald in Rente: "Inlandskräfte aufgebraucht"
Dresden - Die Industrie- und Handelskammer Dresden (vertritt 92.000 Unternehmen) schlägt Alarm. Der Mangel an Arbeitskräften im Freistaat werde in den nächsten Jahren noch problematischer als bereits jetzt. An der Zuwanderung ausländischer Kräfte insbesondere aus Nicht-EU-Staaten führe darum kein Weg vorbei.
"Das Fachkräfte-Thema treibt uns um", sagt IHK-Präsident Andreas Sperl (76). "Wir haben ein demografisches Problem."
Demnach scheiden in Sachsen bis 2035 mehr als 900.000 Kräfte altersbedingt aus dem Arbeitsmarkt aus. Das entspreche etwa jedem fünften Erwerbstätigen. Im Gegensatz dazu reiche der Zuwachs "nicht ansatzweise aus", um die Lücke zu füllen.
"Die Inlandskräfte sind aufgebraucht. Sachsen ist auf verstärkte Zuwanderung angewiesen."
Bei vielen Unternehmen sei das Mindset dafür aber noch nicht da, betont Sperl.
Das liege teils auch daran, dass Firmen durch "monatelange Wartezeiten bei den Ausländerbehörden" ausgebremst werden, die Nerven blank liegen.
Da auch die EU-Binnenmigration zum Erliegen gekommen sei, müsse der Fokus auf Drittstaaten liegen.
Laut IHK seien dabei auch von der Staatsregierung insbesondere die Regionen Indien, Vietnam, Türkei, Ägypten sowie der Süd- und Mittelamerikaraum ins Auge gefasst worden.
Fachkräfteeinwanderungsgesetz des Bundes soll Zuwanderung erleichtern
Grundsätzlich begrüßt wurde das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz des Bundes, das die Zuwanderung ohne in Deutschland anerkannte Berufsqualifikation erleichtern soll.
Erschwerend sieht IHK-Hauptgeschäftsführer Lukas Rohleder (41) dabei allerdings, dass potenzielle ausländische Arbeitnehmer in Sachsen ein Mindestgehalt von 3216 Euro verdienen müssten, "das an der Realität vieler dienstleistungsorientierter Branchen vorbeigeht".
Positiv: Über das Bundesprojekt "Valikom" konnte die Dresdner IHK als Pilotkammer seit Ende 2018 mehr als 200 Beschäftigten (Einheimischen und Flüchtlingen) ohne anerkannte Qualifikation, die aber seit mehreren Jahren arbeiten, über ein Zertifikat zu einem Berufsabschluss verhelfen und damit deren Chancen auf dem Arbeitsmarkt steigern.
Titelfoto: imago/Rupert Oberhäuser