Nach Aldi-Eröffnung: Billighändler übernehmen die Prager Straße
Dresden - Das gab's noch nie: Am gestrigen Donnerstag eröffnete mit Aldi erstmals ein Lebensmittel-Discounter auf der Prager Straße. Damit wächst das Angebot an Billigwaren auf Dresdens wichtigster Einkaufsmeile weiter. Vom alten Glanz des Flanier-Boulevards ist schon seit Jahren kaum noch was geblieben.
"Na hoi! Een Aldi hier", sächselt Waltraud Lindner (68) erstaunt. Die Dresdnerin reiht sich in die Schlange mit Dutzenden Leuten ein, die am Morgen auf die Eröffnung warteten. "Das finde ich schön, gibt ja hier kaum Einkaufsmärkte."
Auch für Aldi ist der Standort außerhalb dicht besiedelter Wohngebiete ungewöhnlich, zumal der Laden mit 500 Quadratmetern Fläche eigentlich zu klein ist.
"Wir wollen uns die Möglichkeiten in solchen Lagen aber nicht verbauen. Es ist eine der höchst frequentierten Straßen der Region", sagt Rüdiger Tix (52), geschäftsführender Direktor bei Aldi.
Laut Mitarbeitern hoffe man auf 3000 Kunden täglich (Touristen und Einheimische), so viele wie an keinem anderen Dresdner Standort.
Aldi-Marktleiter Robin Mercklein (27) rechnet mit vielen Kunden, die sich auch mal nur ein Getränk kaufen. "Touristen irrten hier ja auf der Suche nach Lebensmitteln umher", sagt ein Mitarbeiter im benachbarten "Blume 2000".
Susann Auschner (40) vom nahen Bratwurststand ist wegen der neuen Konkurrenz aber "nicht bange".
Luxus-Segment auf Prager Straße schwierig zu erreichen
Etwa eineinhalb Jahre war der Laden ohne festen Mieter (zuvor Ragazzi-Moden).
"Es gab neben Aldi weitere Interessenten. Der Standort ist weiter attraktiv", sagt Holger Dau (33), der für den Eigentümer der Immobilie (HIH-Invest aus Hamburg) arbeitet. "Allerdings nicht mehr so attraktiv wie noch vor zehn Jahren."
Auch die Entwicklung der gezahlten Mieten in den vergangenen Jahren sei rückläufig.
Corona-Krise, Inflation, Konsumenten halten sich zurück. "Die Entwicklung an der Prager Straße ist herausfordernd", so Dau.
Ein Luxus-Segment aufzubauen, sei schwierig, da es an Klientel und teils auch geeigneten Flächen fehle. Billig-Marken wie Kik und Tedi haben sich etabliert. Werbe-Aufsteller, großflächige Plakatwände und von Imbissbuden verdeckte Kunstwerke trüben den Eindruck auf der einst so beliebten Flaniermeile.
Gewerbetreibende befürchten eine "Verramschung" der Einkaufsmeile.
Prager Straße in Dresden: "Immer weniger individuelle Geschäfte", bemängelt Heidi Haselbauer
"Viele ältere Kunden sind enttäuscht. Auch, weil es immer weniger individuelle Geschäfte und fast nur noch große Ketten gibt", berichtete Heidi Haselbauer (44), die ihr Traditionseis an der Prager Zeile verkauft.
Unterdessen hat der Security-Mitarbeiter in der Aldi-Filiale gut zu tun, zahlreiche Kunden drängen sich an den Kassen.
Der allererste Kassenbon war allerdings eine Auszahlung (4,50 Euro): Ein Pärchen hatte Pfandflaschen abgegeben.
Titelfoto: Montage: Max Patzig (3)